Der Architektur kann sich niemand entziehen. Zumindest in den Städten. Deshalb ist es dem Sport-Moderator Gerhard Delling auch wichtig, dass sie stets in einem passenden Kontext entworfen wird.
Inwiefern nehmen Sie die Gestaltung einer Stadt und seiner Gebäude „bewusst“ wahr?
Ich liebe Gebäude, die Geschichten erzählen – ganz egal, ob es sich dabei um historische, wie jene der Hamburger Speicherstadt, oder um neuere, von der klassischen Moderne beeinflusste Gebäude handelt. Auch zeitgenössische Architektur, selbst die schrägen Bauten im wahrsten Sinne des Wortes mag ich, solange sie in die Umgebung passen oder eben bewusst als Gegensatz beziehungsweise als starke Aussage geplant sind.
Sie sind ein echtes Nordlicht. Was schätzen Sie an Hamburg?
Hamburg ist besonders für mich, da ich das Grün der Stadt, die Heterogenität der Stadtteile und die Pluralität der Einwohner mag. Außerdem liebe ich das Wasser und den Wind.
Welchen kulturellen Geheimtipp können Sie unseren Lesern verraten, die einen Besuch in Hamburg planen?
Geheim ist es nicht, aber: Die Hafenrundfahrt ist nach wie vor ein absolutes Muss! Dazu gibt es viele Theater, Musicals, eine lebendige Musikszene. Doch auch ein Spaziergang durch die bekannten Parks oder die nicht so bekannten Naturschutzgebiete am Stadtrand lohnt sich. Ich wohne nur 300 Meter von einem Moor entfernt. Ein wunderschönes Gebiet zum Joggen oder Spazierengehen.
Mit der Elbphilharmonie hat Hamburg sein neues Wahrzeichen bekommen. Was halten Sie von dem Bauwerk?
Schon vor vielen Jahren haben wir in Sydney begeistert über die „Sydney Opera“ von Jørn Utzon gesprochen. Auch dort wurde lange diskutiert – aber dann ein Wahrzeichen mit Weltruf geschaffen. Das hat Hamburg jetzt auch. Großartig! Wenngleich es immer noch schmerzt, dass es so unverhältnismäßig teuer geworden ist. Ich will nur hoffen, dass man deshalb nicht am „Inhalt“ spart. Denn der Weg zu diesem wunderbaren Bauwerk war schon schwierig genug. Es qualitativ dauerhaft mit Leben zu füllen, ist mindestens genauso anspruchsvoll – und wichtig.
Und welches Stadion hat Sie bisher am meisten beeindruckt – architektonisch ebenso wie von der Stimmung her?
Architektonisch reizvoll sind die wenigsten Stadien. Bis auf einige Ausnahmen sind es komfortable Multifunktionsarenen. Da fällt das Berliner Olympiastadion schon besonders auf. Eine Arena, die ihresgleichen sucht. Leider nicht nur zur Freude von Hertha BSC, da die Stimmung in diesem weiten Rund erst dann richtig ansprechend ist, wenn das Spiel hervorragend und die Ränge ausverkauft sind. Atmosphärisch ein Höhepunkt war für mich das Spiel Mexico gegen Brasilien im Aztekenstadion, bei dem mehr als 120.000 Menschen in diesem überfüllten Hexenkessel Stimmung gemacht haben.
Eine letzte Frage kann ich Ihnen nicht ersparen: Was bedeuten die schlechten Leistungen des Hamburger SV für Sie?
Es ärgert mich, dass es ein Niedergang mit Ansage ist. So viel Geld wurde investiert, um so viele Fehler zu machen. Für Hamburg und uns Fußballfans nordöstlich von Bremen ist das ganz bitter. Es bedeutet nicht nur einen spürbaren Einnahme-, sondern vor allem einen großen Imageverlust. Zurück zu alter Stärke zu kommen wird schwierig.
Gerhard Delling
geboren 1959 in Rendsburg, DE
startete seine Journalistenlaufbahn noch als Schüler mit einer freien Mitarbeit bei der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung. Während seines Studiums der Volkswirtschaftslehre arbeitete er ebenfalls als freier Mitarbeiter unter anderem für den NDR. Es folgte die Festanstellung beim selben Sender, einige Jahre beim SWR sowie die Rückkehr in den hohen Norden, wo er für einige Jahre die Programmleitung Sport beim NDR übernahm. 13 Jahre lang präsentierte er in der ARD zusammen mit Günter Netzer die Spiele der deutschen Nationalmannschaft. Das kongeniale Duo gewann für seine pointenreiche Dialoge den Grimme-Preis sowie den Medienpreis für Sprachkultur. Heute moderiert Gerhard Delling die ARD Sportschau sowie den NDR Sportclub.