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14 TRANSPARENZ: SIEMENS-KONZERNZENTRALE IN MÜNCHEN

Siemens ist München! Jedenfalls seit

1947. Denn die Bayern-Metropole,

die sich gerne als weltoffen und tole-

rant sieht, beheimatete den Berliner

Technologiekonzern nach dem Zweiten

Weltkrieg nur allzu gerne. Und dessen neu

eröffnete Hauptverwaltung im Herzen der

Stadt steht für die Siemens-Werte mindes-

tens ebenso wie für das Credo Bayerns:

modern, aber nicht kurzlebig modisch,

vorbildlich nachhaltig und vor allem offen

und transparent.

Der Industrieriese gehört zu Bayern, obwohl er eigentlich

ein rein preußisches Gewächs ist. Doch nach dem Krieg und

der Teilung Berlins nahmen die Münchner den Weltkonzern

nur zu gerne mit offenen Armen auf. Und seither residiert

das Unternehmen standesgemäß im Ludwig-Ferdinand-

Palais von Leo von Klenze am Wittelsbacherplatz – einer

der vornehmsten Adressen, die es in der bayerischen

Landeshauptstadt gibt. Nach dem Einzug von Siemens

verwandelte sich das Stadtquartier im Rücken des Palais

dann nach und nach in eine administrative Version der

Berliner Siemensstadt. Auch Richard Meier baute hier

schon großflächig – und den vorerst letzten Baustein fügte

nun im Sommer des vergangenen Jahres das dänische Büro

Henning Larsen ein.

Transparenz

Wer nach einem Schlagwort sucht, mit dem sich

Architektur, städtebauliche Einbindung und vor allem

Bauherren-Ziele am besten beschreiben lassen, der

kommt an der „Transparenz“ einfach nicht vorbei. Der

Stadt München war daran gelegen, den ehedem reich-

lich monolithischen Gebäudeblock aufzubrechen und

Passagen zwischen Innenstadt und Museumsbezirk zu

bieten. Und nachdem Siemens einen der größten deut-

schen Korruptionsskandale ausgelöst hatte, war beim

Konzern Offenheit und Transparenz zum kommunikativen

Selbstzweck geworden. Während der Altbau noch für

eine verschlossene Konzernkultur stand, sollten die neuen

Bauten von Henning Larsen nun das Gegenteil beweisen.

Gläsern, transparent und von öffentlichen Nutzungen gera-

dezu perforiert, präsentiert sich nun der Neubau.

Referenz

Rund 1200 „Siemensianer“ haben darin ihren Arbeitsplatz,

und die Hauptverwaltung wurde gleichzeitig zum

Referenzobjekt der konzerneigenen bautechnologischen

Kompetenz. Es gab die höchstmöglichen Auszeichnungen

von DGNB und LEED – und das Gebäude ist ein Schritt auf

dem Weg zum Siemens-Ziel, 2030 der erste CO

2

-neutrale

Industriekonzern der Welt zu sein. Nur das Allerbeste an

Energie-und Elektrotechnik aus den Regalen der entspre-

chenden Siemens-Geschäftsbereiche ist hier verbaut. Die

CO

2

-Bilanz wurde nach Siemens-Angaben um 90 Prozent

reduziert, der Wasserverbrauch um 75 Prozent und die

Energiebilanz um 90 Prozent. Auch die Standards der aktuel-

len EnEV werden um die Hälfte unterschritten – so Siemens

weiter. Dass die LED-Beleuchtung von der Konzerntochter

OSRAM stammt, versteht sich da von selbst – und außer-

dem sei es ein Anliegen gewesen, die Baustoffe wenn

irgend möglich nicht aus aller Welt heranzukarren, sondern

aus Münchens näherer Umgebung.

Understatement

Auch dieser geographischen Nähe dürften die überwie-

gend verwendeten Solnhofener Platten aus dem Altmühltal

ihren Einsatz verdanken. Das gesamte Interior Design der

Münchner Innenarchitekten Landau + Kindelbacher sollte die

von Siemens gewünschte „understated elegance“ umsetzen.

Sie setzten dabei – und dies ist nicht unbedingt überra-

schend – auf dauerhafte und authentische Materialien und

handwerkliche Qualität. Denn Siemens ist schließlich kein

Internetkonzern. Siemens repräsentiert langlebige deutsche

Ingenieurskompetenz – und entsprechende Architektur.

Daniel Libeskind entwarf die Skulptur „The Wings“ im Siemens-Innenhof.