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ARCHITEKTUR UND KUNST
REBECCA WILTON: SAAL / KAUFHAUS
Inmitten einer gänzlich leeren Kaufhausetage befin-
det sich eine verloren wirkende Frau. Scheinbar
wartend, steht sie mit einer Einkaufstüte in der
Hand auf dem noch zu erkennenden Weg durch die
nicht mehr vorhandene Warenwelt. Verschwunden
sind die bunten Versuchungen des Konsums. Der
Ort ist nunmehr geprägt von Stille, Ordnung und
Klarheit. Das Kaufhaus wird zur Bühne einer völlig
offenen Geschichte.
Wie in der hier beschriebenen Szenerie des Bildes
„Kaufhaus“ zeugen die Arbeiten Rebecca Wiltons
oftmals von einer augenscheinlich vergangenen
Zeit. Ihre großformatigen Fotografien erzählen von
Orten kulturellen oder sozialen Lebens, die entwe-
der verlassen wirken oder ihrer einstmaligen
Funktion offensichtlich beraubt sind.
Ob der irritierenden Leere der Bilder erlangen
sowohl der Raum als auch die Figur eine unmittel-
bare Präsenz. Die architektonische Aura des jewei-
ligen Ortes tritt in den Vordergrund, ohne die Idee
seiner Funktionalität zu verschweigen. Auch wenn
die Benutzung der abgebildeten Räume schon weit
zurückliegen mag, so bleiben ihre Spuren allenthal-
ben sichtbar.
Mittels der Inszenierung ihrer eigenen Person in
den Bildern passt sich Rebecca Wilton dem
ursprünglichen Kontext der Orte an. Durch die
Anverwandlung eines entsprechenden Habitus
scheint die Fotografin die Verlassenheit der Situa-
tion ignorieren zu wollen, verstärkt damit jedoch
den Eindruck der vorherrschenden Leere. Die Frau
im Kaufhaus wird vermeintlich zum gegenwärtigen
Stellvertreter vormaliger Protagonisten. Sie steht im
Bild, wie ein Verweis auf das Leben.
Thilo Scheffler
Rebecca Wilton
Saal, 2003, C-Print, 120 x 180 cm
Kaufhaus, 2003, C-Print, 120 x 180 cm