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Studienanfängern an der Bauhaus-Universität Weimar dürf-

te zumindest die räumliche Orientierung innerhalb der Stadt

leichtfallen: Ein Großteil der Universitätsstandorte liegt an

einer klaren städtischen Achse – angefangen mit dem

Internationalen Begegnungszentrum am südlichen Ende der

Belvederer Allee bis zu den Büro- und Laborgebäuden der

Fakultät Bauingenieurwesen weiter nordwestlich in der

Coudraystraße. Eine Ausnahme davon machte bis vor eini-

gen Jahren die Hauptbibliothek, die weit von dieser Achse

entfernt am Weimarplatz lag. Obendrein war nicht einmal

dort genug Platz für den gesamten Buch -und Medien-

bestand, der daher in verschiedenen Archiven über die

Stadt hinweg verteilt war. Um die Bibliothek stärker ins

Zentrum der Universität zu rücken und ihre Bestände an

einem Standort zusammenzuführen, hatte die Universität

den Bau eines neuen Bibliotheksgebäudes beschlossen.

Als Baugrundstück bot sich das Gelände einer ehemaligen

Brauerei im Stadtzentrum an. Der heutige Neubau gliedert

das große Areal durch seine V-Form in eine Abfolge von

Plätzen und Innenhöfen, die durch Treppen und Fußwege

miteinander verknüpft sind. Die Architekten bezeichnen den

Neubau deshalb auch als „Passstück in der gewachsenen

Stadt“. Der schmalere Flügel des Neubaus formt zusammen

mit den bestehenden Gebäuden auf der Ostseite des Blocks

einen kleinen, introvertierten Innenhof. In diesem Gebäude-

teil sind die Büro- und Verwaltungsräume der Bibliothek

untergebracht. Im größeren Westtrakt liegen die eigentliche

Bibliothek und ein großer Hörsaal. Städtebaulich und archi-

tektonisch orientiert sich dieser Flügel zu einem offenen,

städtischen Platz im Zentrum des Blocks. Von hier aus

betrachtet sollte der dreigeschossige Körper nach Vorstel-

lung der Architekten wie ein überdimensionales Bücherre-

gal aussehen: Der Riegel wird in Vertikalrichtung von einem

massiven „Band“ aus Beton umhüllt – wie der Rahmen

eines Regals – und öffnet sich auf seiner Längsseite über

eine großzügige Glasfassade zum Platz hin. Die durch die

Glasfassade hindurch sichtbaren Geschossebenen bilden

die „Regalböden“, während die darauf stehenden Regal-

reihen aus der Ferne wie Bücher erscheinen, die in das

Regal eingestellt sind. Die geschlossenen Fassadenpartien

sollen dagegen an die verputzten historischen Fachwerk-

bauten der Umgebung erinnern: Ihre monolithischen Beton-

oberflächen wurden durch Schleifen und Spachteln so

nachbearbeitet, dass die lebendige Struktur des Betons

sichtbar bleibt und die Fassadenflächen den Charakter

einer gespannten Haut erzeugen.

Bei der Innenraumgestaltung ist – entsprechend der ver-

schiedenartigen Nutzung – eine unterschiedliche Behand-

lung der beiden Gebäudeteile zu beobachten. Im Verwal-

tungstrakt und einem zentralen Foyer wurden die Mate-

rialien ganz minimalistisch auf rohen Estrich, gestrichenen

Beton und wenige farbige Beschichtungen beschränkt.

Anders die Bibliothek: In Anlehnung an das neue Studien-

zentrum der weltberühmten Weimarer Anna-Amalia-

Bibliothek, das als hölzener Korpus in einen massiven

Baukörper eingestellt ist, wurde das Innere der Bibliothek

sowie der Hörsaal im Untergeschoss des Westtrakts voll-

ständig mit Eichenholz ausgekleidet. Bei aller unterschiedli-

cher Materialität sind in allen Gebäudebereichen licht-

durchflutete Räume und wohltuende Offenheit zu finden –

dafür sorgt der hohe Anteil an Glasflächen sowohl im

Innenraum als auch an der Fassade.

Bibliotheks- und Hörsaalgebäude der Bauhaus-Universität Weimar

Die Bibliotheksbestände der Bauhaus-Universität Weimar können durch einen Neubau

von meck architekten und Stephan Köppel endlich an einem zentralen Ort präsentiert

werden. Der geradlinige, zweiflügelige Baukörper hat darüber hinaus auch einen star-

ken städtebaulichen Effekt: Er gliedert das ehemalige Brauerei-Areal in eine Abfolge

übersichtlicher, kleinteiliger Plätze.

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