Platzmangel ist eine wohl unvermeidliche Konsequenz,
wenn an Schulen die derzeit immer lauter werdende
Forderung nach ganztägiger Betreuung von Kindern und
Jugendlichen umgesetzt wird – schließlich sollte eine sol-
che Schule nicht nur Bildungsstätte, sondern vielmehr
„Lebensraum“ mit attraktiven Freizeitangeboten sein. Auch
die staatliche Regelschule „Parkschule” und die Wieland-
Grundschule im Stadtzentrum Weimars hatten mit Platz-
problemen zu kämpfen, denn die beiden benachbarten
Schulen bieten jeweils ein ganztägiges, offenes Angebot
an Hausaufgabenbetreuung, Verpflegung, Sport-, Musik-
und sonstigen Freizeitaktivitäten. Im Zuge einer umfassen-
den Sanierung wurde das historische Gebäudeensemble
aus dem 19. Jahrhundert deshalb durch einen Erweiter-
ungsbau ergänzt, der das Raumangebot für beide Schulen
deutlich verbessert – sowohl durch einen regulären ober-
irdischen Baukörper als auch durch die Verlagerung eines
Teils des Raumprogramms unter die Erde.
Der überirdisch sichtbare Neubau sollte sich nach Vor-
stellung des Architekten in Volumen, Position und Gestal-
tung möglichst zurückhaltend gegenüber dem historischen
Bestand zeigen. Als schlichter, kompakter Riegel schließt
er – in gleicher Breite und Höhe wie der Bestand – an
einen Seitenflügel der Wielandschule an und verlängert
diesen linear nach Nordwesten hin. Städtebaulich erhielt
der Innenhof zwischen Park- und Wielandschule damit
eine stärkere räumliche Einfassung. Hinsichtlich der
Fassadenfarbe korrespondiert der verputzte Massivbau
mit den Erdtönen des Bestandsgebäudes. Doch nicht nur
die Form und die Farbe des dreigeschossigen Neubaus,
auch die Proportionen und die Anordnung seiner Fassa-
denöffnungen orientieren sich am Bestand: Großforma-
tige, flächenbündig eingesetzte Metallrahmenfenster, die
streng horizontal angeordnet sind, führen die klare Fas-
sadengeometrie des bestehenden Gebäudes auch im
Neubau fort. Durch einen gebäudehoch verglasten Ver-
bindungssteg grenzen sich Alt- und Neubau dennoch
optisch deutlich voneinander ab.
Die Flure des Altbaus wurden im Neubau geradlinig fort-
gesetzt, sodass der Übergang zwischen den beiden
Gebäudeteilen über den Verbindungssteg niveaugleich
und ohne Umwege vonstatten geht. In den beiden
Obergeschossen des Neubaus liegen mehrere zusätzliche
Klassenzimmer sowie Sanitäranlagen für die Grundschule.
Im Erdgeschoss befinden sich ein neuer Speisesaal mit
angrenzender Hortküche, eine Bibliothek und ein Raum für
die Horterzieher.
Ganz anders wurde dagegen mit der benötigten Turnhalle
verfahren. Das Schulgrundstück gehört zu einem gesamt-
städtischen Grünraum und sollte daher weder in seiner
Funktion als Frischluftschneise noch optisch durch allzu
große Bauvolumen beeinträchtigt werden. Ferdinand
Heide verlegte die geplante Sporthalle deshalb schlicht-
weg unter die Erde. Die damit verbundenen zusätzlichen
Kosten wurden durch die Tatsache relativiert, dass der
vorhandene Baugrund ohnehin nicht tragfähig war und
eine reguläre Halle eine aufwändige Pfahlgründung erfor-
derlich gemacht hätte. Erschlossen wird die zweigeschos-
sige Sporthalle über die Eingangshalle des angrenzenden
oberirdischen Baukörpers, während die natürliche Belich-
tung sowie Belüftung durch große Oberlichtbänder an der
Hallendecke gewährleistet wird.
Park- und Wieland-Schule in Weimar
Ein kompakter Neubau hat das Raumangebot zweier Schulbauten aus dem 19. Jahr-
hundert im Zentrum Weimars um ein Vielfaches erweitert. Wie viel Raum zusätzlich
geschaffen wurde, erschließt sich jedoch nicht auf den ersten Blick, denn einen
Großteil der neuen Flächen hat Architekt Ferdinand Heide im wahrsten Sinne des
Wortes versteckt.
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