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Als hätte der Architekt beim Bau des Bürogebäudes ADA1

bewusst ein nichtfarbiges Zeichen setzen wollen gegen die

quirlige Buntheit des unmittelbar angrenzenden Stadtteils

St. Georg, im Zentrum der Hamburger City. Amtshilfe be-

kam er allerdings vom Senat der Hansestadt, der traditionell

darauf achtet, dass alle vom Ufer der Binnen- und Außen-

alster sichtbaren Gebäude möglichst in hellen Tönen gehal-

ten werden. Der Berliner Architekt J. Mayer H. schätzt

Konventionen, besonders dann, wenn er sie unterlaufen

kann. Die unmittelbare Nähe zur Alster inspirierte ihn, in

seiner Architektur einen Bezug zum Wasser herzustellen.

Statt der üblichen Schiffsmotive bringt er die Fassade des

neuen Bürohauses an der Straße „An der Alster“ (mit der

Nummer 1 – daher die Abkürzung ADA1) regelrecht zum

„fließen“. Die dreiseitig umlaufenden, geschosshohen

Fensterbänder werden in regelmäßigen Abständen immer

wieder von ovalen Öffnungen unterbrochen. Mal treten sie

hervor, mal sind sie zurückgesetzt, oder sie liegen bündig in

den sie umgebenden hellen Putzfassadenstreifen. Diese

auffälligen Merkmale bezeichnet der Architekt selbst als

„schwimmende Augen“, die über die weite Wasserfläche

der Außenalster schauen. In den Büroetagen betonen sie

oft besondere Nutzungen, wie Direktorenzimmer oder

Konferenzräume.

Die Fassade ist als Klimafassade geplant. An der Innenseite

liegt eine thermisch getrennte Verglasung, außen eine hin-

terlüftete Einfachverglasung. Diese Konstruktion filtert opti-

mal den starken Lärm der sich kreuzenden Hauptverkehrs-

achsen vor dem Haus und bietet gleichzeitig Raum für einen

vom Wetter unabhängigen Sonnenschutz. In den Sommer-

monaten ist eine Nachtluftspülung möglich.

Der rechteckige, längliche Baukörper bildet den nördlichen

Abschluss eines innerstädtischen Blockrandes mit ausrei-

chender Abstandsfläche zum Straßenraum. Dadurch be-

kommt er eine exponierte Stellung als Kopfbau, die durch

den großzügig angelegten Vorplatz zusätzlich betont wird.

Der Ankommende schreitet förmlich auf das senkrecht auf-

ragende „Eingangsauge“ zu, betritt eine wohlproportionier-

te, zweigeschossige und strahlend weiße Halle – die beiden

gläsernen Fahrstühle rechts und links der Treppenanlage

vor sich. Wer gerne Treppen steigt, zaudert nicht lange.

Höchst selten werden in Bürohäusern Fahrstuhl und Treppe

so gleichwertig inszeniert. Ein lichtgrauer Belag aus kleinen

runden Mosaiksteinchen bedeckt die Stufen, die wiederum

ein schlichtes, weißes Stabgeländer begleiten. Raffiniert

ist seine Anordnung senkrecht zur Wange, die je nach

Blickwinkel zu überraschenden interferenzähnlichen Über-

lagerungen führt. Die zentrale Empfangshalle ermöglicht

eine hohe Flexibilität in der Vermietung, sowohl in den

Bürogrößen als auch in der internen Aufteilung. Der über-

wiegende Teil des Hauses ist von einer Werbeagentur

belegt, die ihren Arbeitsräumen gleich zu Beginn einen

eigenen Stempel aufgedrückt hat, der in überzeugender

Konsequenz das Gesamtkonzept der fließenden Bewegung

unterstützt. Einzig der feste Kern in der Mitte unterbricht

den Zweibund aus durchgängig verglasten Zellenbüros.

In den Konferenzräumen und in der Lobby fallen die ausge-

wählt schlichten Möbel auf, die zum Teil speziell angefertigt

wurden. Nichts Überflüssiges stört den klaren Raumein-

druck, der durch das Farbkonzept aus Lichtgrau, Graugrün

und Weiß zusätzlich geadelt wird. Gut zu wissen, dass sich

Kreative diesen strengen Regeln ganz gern mal entziehen.

Bürogebäude in Hamburg

Ob Hafen oder Alster, die Hansestadt bietet an vielen Standorten Aussichten, die von

der Arbeit am Schreibtisch ablenken. Aber nicht alle Bürogebäude in bevorzugter

Lage sind in ihrem Gesamtkonzept so durchgängig wie das ADA1 am südöstlichen

Ufer der Außenalster. Das auffällige Retrodesign der Fassade mit den abgerundeten

Ecken wird im Inneren konsequent bis zum Mobiliar fortgeführt.

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