Background Image
Previous Page  16 / 36 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 16 / 36 Next Page
Page Background

Der Industrie- und Gewerbebau galt über Jahre hinweg

nicht gerade als erstrebenswerte Architektenaufgabe, bis

Anfang der 90er-Jahre die ersten Bauherren den Nutzen

einer anspruchsvollen Gestaltung für ihr Unternehmen

erkannten. Meist waren es die jungen Architekten, die mit

adäquaten Fassadenmaterialien wie der Aluminiumwelle

oder später den lichtdurchlässigen Doppelstegplatten

spielten. Proportionen, bewusst gesetzte Öffnungen und

eine professionelle Lichtplanung gaben den bisher eher

gesichtslosen Blechhallen auf einmal eine Identifikation.

Der Erfolg stellte sich rasch ein, denn die Bauten fielen im

Gewerbeallerlei auf. Es wurde viel über sie gesprochen

und geschrieben. Dass 15 Jahre später dieser Weg immer

noch zum Ziel führt, konnte in den letzten Monaten auch

der Baustoffhandel Kraft in München erfahren. Das seit

1959 an der heutigen Drygalsky-Allee angesiedelte Fami-

lienunternehmen ließ sich vom jungen Team 03 Architek-

ten einen Entwicklungsplan für das 12.000 Quadratmeter

große Grundstück aufstellen, das im Zuge des Firmen-

wachstums und der damit veränderten Betriebsabläufe

eine umfangreiche Umstrukturierung nötig hatte. Das Pro-

gramm sah neben der Sanierung des Altbaus eine Tief-

garage und einen Neubau für Verkauf und Schulung vor,

in dem auch Raum für frostempfindliche Ware sicherge-

stellt sein musste. Ferner wurden witterungsgeschützte

sowie offene Lagerflächen in großem Umfang benötigt

und schließlich musste eine gut funktionierende Erschlie-

ßung aller Bereiche gewährleistet sein. Das für städti-

sche Verhältnisse zwar großzügige Grundstück zwang

die Planer dennoch, die Lagerfläche vertikal zu schichten.

Dank leistungsfähiger Gabelstapler lassen sich großfor-

matige Baumaterialien wie Tür- und Torzargen, Steinge-

binde, Rohre, Dämmstoffe und Dachlatten auch aus zehn

Meter hohen Regalen komplikationslos entnehmen und

auch wieder einfüllen

.

Die vertikale Ausrichtung sowie

die getrennte Ein- und Ausfahrt sorgen für kurze und

effektive Wege. Der Verkauf von Kleinteilen wie Werk-

zeug, Eisenwaren und Arbeitskleidung wird nach dem

Selbstbedienungsprinzip im Altbau angeboten. Sichtbe-

tonflächen neben weiß verputzten Wänden und Decken

sowie geschliffener Gussasphalt als Bodenbelag prägen

die Verkaufsräume. In diesem Umfeld sorgt die bunte

Warenwelt für ausreichend Farbigkeit.

Für die logistischen Abläufe stehen Zweckmäßigkeit und

Robustheit an erster Stelle. Besondere Gestaltungsmerk-

male lassen sich dafür kaum herausarbeiten, wohl aber

für die Hülle drumherum. Während die Fassaden zum Hof

mit Aluminium-Streckmetall verkleidet sind, säumt das

gesamte Areal eine 12 Meter hohe Umfassung aus semi-

transparenten Polykarbonatplatten, die gleichzeitig als

Rückwand für die außen liegenden Lagerflächen dienen.

Die Autofahrer auf der Drygalsky-Allee staunen nicht

schlecht, wenn sie die 140 Meter lange Wand passieren,

deren Struktur sich je nach Tageszeit, Witterung und In-

halt der Hochregale immer wieder aufs Neue verändert.

Dass hier Architekten am Werk waren, zeigt auch die be-

gleitende Bepflanzung mit den skulptural wirkenden Säu-

leneichen auf kurz geschorenem Rasen.

Gewerbebauten sind nun mal keine Repräsentationsbau-

ten, dennoch haben auch sie Anspruch auf architektoni-

sche Qualität. Dem Münchner Architektenteam ist dies

ansprechend und in überzeugender Weise gelungen.

Baustoffhandel Kraft in München

Mit einfachen Materialien und einer klaren Tragstruktur ist es dem jungen Münchner

Team 03 Architekten gelungen, einem großen Gewerbebetrieb in der Stadt eine neue

Identität zu geben. Das an einer stark befahrenen Straße gelegene Grundstück markiert

eine umlaufende, semitransparente Wand, die jedem Autofahrer sofort ins Auge fällt.

16