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Seit einigen Jahren hatte das Stadtarchiv im Rabbinerhaus

der Alten Synagoge seine räumlichen Kapazitäten erschöpft

und suchte nach einem geeigneten Objekt, um die stetig

wachsende Menge an Archivalien in angemessener Weise

unterzubringen. Die Stadt Essen beschloss, die leerstehen-

den Gebäude der Luisenschule zum Haus der Geschichte

umzubauen und die benachbarte Baulücke mit einem neuen

Magazin für das Stadtarchiv zu schließen.

Mit seiner rotbraunen Cortenstahl-Fassade ist der Neubau

eine Hommage an die Tradition der Stahlherstellung in den

vergangenen Essener Krupp-Werken. Archivarische

Schätze werden in einer Art Tresor bewahrt, der zugleich,

durch seine fortschreitende Korrosion, den Wandel der Zeit

symbolisiert. Über eine gläserne Fuge ist das Magazin mit

dem Nachbargebäude aus den 1950er-Jahren verbunden.

Hinter der rostenden Hülle sind auf vier Geschossen die

fahrbaren Hochregale für das Archivmaterial aufgestellt.

Die Architekten haben bewusst auf eine Klimaanlage ver-

zichtet und ein natürliches Lüftungskonzept entwickelt.

Schmale, schräg eingeschnittene Öffnungen in der hinter-

lüfteten Fassade reduzieren die direkte Einstrahlung des

Sonnenlichts und verhindern ein Aufheizen des Gebäudes.

Eine unterschiedliche Ausrichtung dieser Einschnitte mit

den dahinter liegenden computergesteuerten Fensterkipp-

flügeln ermöglich eine optimierte Luftzirkulation. Zur Regu-

lierung der Luftfeuchtigkeit sind Decken und Wände innen

mit einem speziellen hochhydraulischen Kalkputz versehen.

Ein intelligentes Gebäudeleitsystem steuert etagenweise

die Zufuhr an Heizwärme und Frischluft für ein konstantes

Raumklima. Dies wird benötigt, um Schriftstücke zu konser-

vieren, deren älteste Exemplare aus dem 13. Jahrhundert

stammen. Solch eine vorzügliche Behandlung ist ihnen in

der Vergangenheit nicht immer zuteil geworden. Jahrhun-

dertelang wurden sie von Haus zu Haus des jeweiligen

Stadtsekretärs weitergereicht. Als im Jahr 1802 die Preußen

die Stadt besetzten, befahlen sie, alle städtischen Doku-

mente in einem Nebenraum des Rathauses zusammenzu-

tragen. Da lagen sie dann in völligem Durcheinander, bis

engagierte Beamte sie 50 Jahre später ordneten und eine

Basis für das Stadtarchiv schufen.

In die unter Denkmalschutz stehende Luisenschule ist das

Museum für Essener Geschichte eingezogen. Die restau-

rierte historische Halle mit ihrem eindrucksvollen Kreuz-

gratgewölbe wurde zum Foyer umgebaut. Als dreiflügelige

Anlage im Jahr 1903 konzipiert, wurde der schlossähnliche

Gebäudekomplex 1906 als „Schule für Höhere Töchter“

fertiggestellt. Jetzt werden sowohl die miteinander verbun-

denen ehemaligen Klassenräume als auch der breite Flur

als Ausstellungsfläche des Museums genutzt. In der weit-

räumigen Anlage, die in den 1950er-Jahren um einen Schul-

trakt und die Sporthalle ergänzt wurde, lassen sich pro-

blemlos alle Bereiche der Verwaltung, eine öffentliche

Bibliothek mit Lesesaal sowie Seminarräume und Werk-

stätten unterbringen. Um den neu gestalteten Innenhof

gruppiert, bilden die Gebäude aus drei verschiedenen

Epochen ein spannungsvolles Miteinander.

Als Kulturhauptstadt des Jahres 2010 hat Essen Bewohnern als auch Besuchern kultu-

rell einiges zu bieten: Neben dem Museum Folkwang oder der Umnutzung der Zeche

Zollverein in ein Designzentrum fügt sich auch die Erweiterung und der Umbau der

Luisenschule zum Haus der Geschichte von den Architekten Ahlbrecht Felix Scheidt

Kasprusch in die Reihe der Kulturbauten ein.

HAUS DER GESCHICHTE IN ESSEN

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