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Zweihundert Jahre lang
bestimmten die beiden Fernhan-
delsfamilien Humpis und von Neidegg die Geschicke der
freien Reichsstadt Ravensburg. Die bauliche Anlage der
Anfang des 15. Jahrhunderts von den angesehenen Kauf-
leuten gegründeten Großen Handelsgesellschaften in
direkter Nachbarschaft zueinander ist bis heute erhalten
geblieben und war sogar bis in das späte 20. Jahrhundert
hinein mit wechselnden Nutzungen belegt.
Als sich vor 15 Jahren der Stadt die Gelegenheit bot, die
beiden einstigen Repräsentanzen in der oberen Markt-
straße mit allen An- und Erweiterungsbauten zu überneh-
men, war der Entschluss schnell gefasst, das Areal zu
einem Museum umzuwidmen. Ganz ohne Risiko war dieses
Vorhaben nicht. Die Architekten standen vor der Aufgabe,
ein gelebtes Quartier mit mannigfachen Veränderungen
und deutlichen Abnutzungsspuren, seiner Bedeutung ent-
sprechend, vorzeigereif „zurückzubauen“ und sämtliche
Funktionen zu ergänzen, die ein Museum braucht, um sei-
ner Aufgabe gerecht zu werden, beginnend mit einem
Foyer, einschließlich barrierfreier Erschließung, Kasse,
WC-Anlagen bis hin zu einem großen Raum für Veranstal-
tungen. Da die Räumlichkeiten innerhalb der Häuser keine
passende Größe bereithielten, bot es sich an, den offenen
Innenhof zu überdachen. Die Architekten von Space4
wählten dafür eine leichte, freistehende Stahl-Glas-Kons-
truktion, die auf vier Pendelstützen ruht und mit einer
Höhe von 11,5 Metern auch Teile der neugedeckten Dach-
landschaft überspannt.
Den Stadtvätern war dieser Eingriff wichtig, um den Be-
suchern unabhängig vom Wetter einen Museumsrund-
gang zu ermöglichen. Damit übernimmt der Hof als öffent-
licher Ort eine zentrale Rolle für das Museum und die
Stadt. Der positive Nebeneffekt ist, dass die erhaltenen
unverputzten Fassaden und die einfach verglasten Fens-
ter geschützt sind. Weitere Neubauten waren nötig, um
die Technik unterzubringen und Raum für die Sonderaus-
stellung zu schaffen. Alle Ergänzungen gehen auf Distanz
zum alten Baubestand, der allerdings eines hohen Sanie-
rungsaufwands bedurfte. Besonders das Tragwerk muss-
te nach dem heutigen Stand der Technik an vielen Stellen
ertüchtigt werden. Zu Gunsten der Authentizität wurden in
erster Linie „restauratorische Sicherungen“ vorgenom-
men, die den Originalzustand nicht überzeichnen und
historische Spuren ablesbar und verständlich machen.
Schließlich ist das wichtigste Exponat des Museums der
Gebäudebestand aus dem Spätmittelalter, dessen Kons-
truktionen und Ausstattungen von großem kulturhistori-
schem Wert sind und Aufschluss über die Haus- und
Quartiersgeschichte Süddeutschlands geben. Darüber
hinaus wurden archäologische Funde von unschätzbarem
Wert gemacht. Die Bürger von Ravensburg und Umge-
bung sowie deren Besucher haben jetzt die seltene Mög-
lichkeit, tief in die Geschichte der alten Handelsstadt zu
blicken. Wenn auch museal aufbereitet, so lassen sich
die Lebensbedingungen vergangener Epochen doch an-
schaulich nachvollziehen.
Zwei Patriziergeschlechtern hat Ravensburg eines der besterhaltenen mittelalterlichen
Quartiere Süddeutschlands zu verdanken. Um seinen Fortbestand zu sichern, fasste die
Stadt den Entschluss, die Anlage museal aufzubereiten. Das Stuttgarter Architekturbüro
Space4 vereinigte die sieben Gebäude unter einem Glasdach, das jetzt den einst offe-
nen Innenhof überspannt.
HUMPIS-QUARTIER IN RAVENSBURG
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