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Mit der Neuordnung

des Finanz- und Justizwesens sowie

der Post nach der Reichsgründung 1871 wuchs in Hamburg

der Bedarf an öffentlichen Verwaltungsbauten. Ausrei-

chend Platz dafür boten die ehemaligen, zu einem Alleen-

ring ausgebauten Wallanlagen. Die neue, repräsentative

Oberpostdirektion am Stephansplatz wurde im Laufe der

Jahre mit weiteren Gebäuden in den Nebenstraßen er-

gänzt, wie zum Beispiel der Remisenwerkstatt in der Dreh-

bahn. Den tief in das Grundstück reichenden Klinkerbau mit

einem überdachten Innenhof plante der in den 1920er-

Jahren für bedeutende Postbauten in Hamburg zuständige

Postbaurat C. Teucke in zwei Bauabschnitten (zwischen

1924 und 1930). Die schlichte, vertikal betonte Lochfassade

des Vorderhauses, die von zwei seitlichen Resaliten gefasst

wird, passt sich dem beengten Straßenraum an. Prägend

für den Innenhof sind die hohen Flügeltore, hinter denen

Fuhrpark und Werkstätten Platz fanden.

Der solide Bau hat viele Nutzer überstanden, bis sich die

Strabag als neuer Bauherr vor zwei Jahren zu einer Gene-

ralsanierung entschloss. Da das Gebäude im Hamburger

„Verzeichnis der erkannten Denkmäler“ Aufnahme fand,

mussten alle Veränderungen mit der Denkmalbehörde

abgesprochen werden. Der stärkste, von außen wahr-

nehmbare Eingriff war die Aufstockung um zwei Geschos-

se. Im Inneren wurden zwei Fahrstuhlkerne und ein Sicher-

heitstreppenhaus durchbrochen sowie eine Tiefgarage

unterhalb des Innenhofes angelegt. Für die Unterkellerung

war eine punktuelle Unterfangung der Fundamente notwen-

dig geworden. Mit der neuen Stahlbetondecke erhielt auch

der Innenhof eine neue Oberfläche. Unkonventionell erfolgt

die Zufahrt von der Drehbahn durch die ehemalige Hof-

einfahrt über den Innenhof in einen Durchladeaufzug, der

die Autos in das Untergeschoss fährt. Den mit Natursteinen

gepflasterten Hof begleiten an den Längsseiten die schwe-

ren, bogenförmigen Flügeltore, die denkmalpflegerisch

instand gesetzt wurden. In zwei Jochen fehlten sie ganz.

Auf eine Rekonstruktion hat man verzichtet. Die ehemaligen

Werkstatträume und der Innenhof sollten einer öffentlichen

Nutzung vorbehalten bleiben.

Während der Planungsphase ging der Bauherr noch davon

aus, die nach neuestem technischem Stand ausgebauten

Regelgeschosse jeweils nur an vier unabhängige, 400 Qua-

dratmeter große Parteien vermieten zu können. Entspre-

chend sind im Erdgeschoss getrennte Eingangsbereiche mit

Aufzugsanlagen vorgesehen. Drei der vier Bestandstrep-

penhäuser bleiben als Fluchttreppen erhalten, die in die

seitlichen Toröffnungen an der Straße münden. Um die Ver-

mietung musste sich der Bauherr keine Sorgen machen.

Der Computerspieleentwickler Bigpoint übernahm alle

Mietflächen, mit der Folge, dass die öffentliche Nutzung im

Erdgeschoss jetzt privatisiert ist und die lichte, historische

Dachkonstruktion nur für die Mitarbeiter erlebbar bleibt.

Mit den zahlreichen Neubauten in der Umgebung und sei-

nen prominenten Nachbarn, dem Side Hotel auf der einen

und der Justizbehörde von Fritz Schumacher auf der ande-

ren Seite, erscheint der alte Postbau wieder ganz jung.

Viele der für Hamburg typischen Kontorhäuser aus den 1920er-Jahren sind bereits

saniert. Die ehemalige Postliegenschaft in der Drehbahn, die sich durch einen groß-

zügigen, verglasten Innenhof mit einer historischen Wagenhalle auszeichnet, steht

jetzt nach einer Generalsanierung wieder als modernes Bürogebäude zur Verfügung.

Ein junges Computerunternehmen fand in dem soliden Altbau ein neues Zuhause.

BÜROGEBÄUDE IN HAMBURG

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