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Auch mehr als 60 Jahre

nach Kriegsende finden sich in der

Bundesrepublik Deutschland immer noch militärisch genutz-

te Gebäudeanlagen, die bis in die 1990er-Jahre hinein fried-

lich ihre Funktion erfüllten wie beispielsweise das Luft-

waffenbekleidungsamt in Bielefeld, das 1938 vor den Toren

der Stadt errichtet wurde. Mehr als 1.200 Menschen fanden

hier damals Arbeit. Die schlichte Backsteinarchitektur be-

stand überwiegend aus Hallenbauten, an die mehrgeschos-

sige Büroriegel andockten. Noch bis 1992 dienten die Rich-

mond Barracks den Briten als Nachschublager für die

Rheinarmee. Nach der Stilllegung fanden nicht gleich alle

Gebäudeteile eine Folgenutzung. Im Südwestflügel richtete

sich die Fachhochschule Bielefeld ein. Die großflächige

Raumstruktur bot den Studierenden ideale Rahmenbedin-

gungen. Einzelne Behörden bezogen die Räume entlang der

Straße „Am Stadtholz“, während der Nordostflügel keinerlei

Interesse weckte.

Der jahrelange Leerstand hinterließ allerdings Spuren: Teile

des Dachs waren bereits eingestürzt, sodass ungehindert

Regenwasser einsickern konnte. Dass die Halle mit den

sternförmig umgebenden Gebäuderiegeln dennoch erhalten

blieb, ist auf den übergeordneten Denkmalschutz zurückzu-

führen, dessen Statuten einen Abriss ausschlossen. Es be-

durfte großer Vorstellungskraft, in dem ruinösen Gebäudezu-

stand jemals wieder eine funktionstüchtige Architektur zu

sehen. Getragen von einer großen Idee, brachte der Inves-

tor Franz Christoph Borchard den Mut auf, das Gebäude,

oder besser das, was davon noch übrig war, zu kaufen und

von Grund auf zu sanieren. Er wandelte den einstigen Ver-

waltungstrakt in ein Forum für Automobil- und Motorrad-

kultur um und stellte darüber hinaus Magazinflächen für

ein Museum zur Verfügung.

Die insgesamt sechs Gebäude auf dem 18.000 Quadratmeter

großen Teilgrundstück, alphabetisch von A bis F geordnet,

eignen sich besonders gut für die vielfältige Nutzung. In den

Gebäudeteilen A und B hat sich die Bielefelder Hauptnieder-

lassung von Harley Davidson eingemietet, während die

Haupthalle F jetzt das öffentliche Herzstück der Gesamt-

anlage bildet. Ihre Größe bietet eine repräsentative Fläche

für die Oldtimer, die hier nicht nur angeschaut, sondern auch

gekauft werden können. Ein Bistro und ein Shop laden zum

Verweilen ein, vielleicht auch, um die eine oder andere

Kaufabsicht nochmal zu überdenken. Damit der künftige

Besitzer sein Fahrzeug in guten Händen weiß, schließen

sich gleich zwei Werkstatthallen an. In den Untergeschos-

sen dreier Bauteile bietet eine natürlich belichtete und

belüftete Garage Platz für über 100 Liebhaberautos.

Die Architekten hatten den Auftrag, die Anlage so zu sanie-

ren, dass der ursprüngliche Charakter beibehalten wird. Das

verklinkerte, mit hellen Fugen versehene Außenmauerwerk

mit seinen Fensteröffnungen sollte ebenso unverändert blei-

ben wie die Proportionen der Gebäudestruktur. Neu zu inte-

grierende Einbauten sind eigenständig und bleiben als be-

wusst hinzugefügt erkennbar. Lediglich die hölzernen Dach-

konstruktionen wurden weitgehend durch sichtbare Stahl-

fachwerkbinder ersetzt.

Auf einem weitläufigen Produktionsgelände aus Kriegstagen, am Stadtrand von

Bielefeld gelegen, hat jetzt auch die letzte Gebäudeeinheit eine neue Nutzung gefun-

den. Ein mutiger Investor sanierte die stark heruntergekommenen, zweigeschossigen

Ziegelbauten und richtete dort ein Forum für Automobil- und Motorradkultur ein, das

nicht nur Fans, sondern auch die Bevölkerung begeistert.

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LENKWERK IN BIELEFELD