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GYMNASIUM IN OBERURSEL

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Mit hundert Jahren

noch einmal in ein neues Leben starten

ist nicht jedem Schulgebäude vergönnt. Das Gymnasium in

Oberursel hat seit seiner Gründung 1913 schon viele bauli-

che Veränderungen und damit verbunden auch zahlreiche

Bildungsreformen erlebt. Mit der Fertigstellung des cam-

pusartigen Neubaus 2012 ist es jetzt sogar auf dem Weg,

„Schule der Zukunft“ zu werden, dem der Titel „Schule der

Selbstständigkeit“ bereits vorausging. Die Schule der Zu-

kunft ist ein Kernanliegen liberaler Bildungspolitik, bei dem

durch mehr gestalterische Eigenständigkeit Schüler indivi-

dueller gefördert werden sollen. Um dieses Ziel zu errei-

chen, ist jedoch ein erweitertes und neu geordnetes Raum-

programm Voraussetzung. Den einzelnen Jahrgängen wer-

den je nach Entwicklungsstand Räume „zugeschaltet“, die

zusammen mit dem Klassenzimmer räumlich ein Jahrgangs-

cluster bilden. Das Gymnasium Oberursel zum Beispiel legt

großen Wert auf musikalische und zweisprachige Bildung.

Bereits in den fünften Klassen wird ein spezieller Streicher-

und Bläserunterricht angeboten, Fächer wie Geschichte,

Erdkunde oder Biologie werden parallel in Englisch unter-

richtet. Im Rahmen des Konjunkturpaketes II investierte

der Hochtaunuskreis als Träger des Gymnasiums mehr als

57 Millionen Euro in den Ausbau. Zum Schuljahr 2011/12

konnten bereits die Erweiterungen um zwei Jahrgangs-

stufen und die dreiteilige Sporthalle unter dem Pausenhof

in Betrieb genommen werden.

Die Realisierung der komplexen Bauaufgabe und die Um-

setzung der immer weiter verfeinerten pädagogischen An-

forderungen an Schule folgen der Idee der „Schule als

Stadt in der Stadt“. Mehrere Jahrgangscluster bilden je-

weils ein „Haus“, die Verbindungsflure und Foyers werden

als Straßen und Plätze aufgefasst, die Aula wird zur Stadt-

halle und der Schulhof zum Marktplatz. Diese funktionalen

Zusammenhänge unterstreichen die Architekten mit einem

besonderen Materialkonzept. Mit HPL und Holzfurnier be-

schichtete Wandpaneele und Linoleum als Bodenbelag ver-

breiten in den „Häusern“ eine privat anmutende Atmo-

sphäre. Die Flure und Foyers sind als öffentliche Bereiche

robust mit Sichtbetonoberflächen und Betonwerkstein aus-

gestattet. Entsprechend ihrer zentralen Bedeutung wird die

„Stadthalle“ durch eine eingestellte, zur Optimierung der

Raumakustik gefaltete Holzstruktur repräsentativ gestaltet.

Die zentrale Entwurfsidee von v-architekten war es, einen

geschützten Innenhof zu schaffen, der die neue Mitte des

Gymnasiums bildet (als Gegengewicht zur Aula, die den kul-

turellen Mittelpunkt bildet). Von hier aus sind alle Eingänge

zu den „Klassenhäusern“, den Fachklassen, den Foyers der

Aula und der Sporthalle zu erreichen. Der locker struktu-

rierte Neubau reagiert auf den heterogenen städtebauli-

chen Kontext: Zur stark befahrenen Berliner Straße schirmt

ein dreigeschossiger Gebäuderiegel den Schulhof ab, wäh-

rend an der ruhigeren Zeppelinstraße villenartige „Klassen-

häuser“ die Struktur der angrenzenden Bebauung aufneh-

men. Die dazwischen liegenden, halboffenen Innenhöfe las-

sen auch Unterrichtsstunden im Freien zu. Mit ihrer Bühne

bildet die Aula den südlichen Abschluss des Schulhofes.

Auf einem eng begrenzten Grundstück im Zentrum von Oberursel, nahe bei Frankfurt,

wurde das bestehende Gymnasium durch eine mehrstufige Erweiterung zu einem

modernen Schulkomplex umgebaut. v-architekten aus Köln gelang es, durch eine auf-

gelockerte Struktur und mit nur wenigen, aber wertigen Materialien den immer wei-

ter verfeinerten pädagogischen Anforderungen an eine Schule gerecht zu werden.