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EXPERTISE: BARRIEREFREIHEIT

Barrierefrei zu planen, ist das eine. Doch Architektur aus der Sicht von Menschen mit

Behinderungen zu nutzen, ist etwas anderes. Dipl.-Ing. Michael Müller ist Sachverständiger

für barrierefreies Bauen und Lehrbeauftragter an der Hochschule Darmstadt. Er besuchte

für PORTAL die drei deutschen Gebäude, die in dieser Ausgabe vorgestellt werden, und

analysierte sie ganz pragmatisch aus der Sicht von Menschen mit Behinderungen.

Türen – Beschriftungen – Orientierung:

Im LESSINGGYMNA­

SIUM kommen Obentürschließer mit hohem Wirkungsgrad

zum Einsatz. Sie lassen sich leichter bedienen. Im LWL-

MUSEUM hat man an den Toiletten gleich völlig auf die

Türschließer verzichtet. Im CITYCUBE werden magnetische

Türstopper verwendet. Stolperfallen gibt es so nicht mehr. Die

DIN 18040-1 sieht Türdrücker in 85 Zentimeter Höhe vor. Die

meisten Bauordnungen haben diese Regel außer Kraft gesetzt.

Das CITYCUBE hält sich bei den Behindertentoiletten dennoch

daran – eine freundliche Geste gegenüber den rollstuhlfahren­

den Nutzern. Auch Informationen sollten barrierefrei zugäng­

lich sein. Vorbildlich ist das LWL-MUSEUM. Es gibt große kon­

trastierende Schriften und Pfeile. Die Raumnummern sind sehr

gut sichtbar auf dem Boden angebracht. Objektbeschriftungen

wurden in niedriger Höhe und mindestens 2 Zentimeter hohen

Lettern auf die Wand geschrieben. Etwa doppelt so hoch sind

die Erläuterungstexte der Ausstellungsabteilungen. Auch im

CITYCUBE funktioniert die Informationsvermittlung. Durch

ein Orientierungssystem sind Eingänge, Auskunftstresen,

wichtige Erschließungselemente sowie die Toiletten gut zu

finden. Piktogramme, Pfeile und Texte sind kontraststark,

oberhalb der Türen angeordnet und mit Stelen ergänzt. Ein

Blindenleitsystem führt von außen mit Beton-Leitplatten

an das Gebäude heran. Im Inneren gibt es einzeln verlegte

Edelstahl-Indikatoren mit Kunststoff-Inlay. Sie kontras­

tieren optisch gut mit den meisten Bodenbelägen. Beim

Überstreichen mit dem Langstock erzeugen sie ein gut hörba­

res Anschlaggeräusch.

Toiletten:

Die DIN 18040-1 verlangt in jeder Sanitäranlage eine

barrierefreie Toilette – die Technischen Baubestimmungen

fordern oft nur einen barrierefreien Toilettenraum. Im LWL-

MUSEUM hat man verstanden, wie wichtig kurze Wege sind.

Denn es gibt in jeder Etage eine Behinderten-Toilette – und

im CITYCUBE sind es sogar mehrere. Die richtige Höhe

von Toilettensitz und Haltegriffen ist entscheidend für die

Nutzerfreundlichkeit einer Behindertentoilette. Normgerecht

angebracht sind Stützklappgriffe 28 Zentimeter oberhalb des

Toilettensitzes, der sich in 46 - 48 Zentimeter Höhe befinden

soll. In der Foyer-Toilette des LWL-MUSEUMS entschied man

sich für eine höhenverstellbare Toilette – perfekt für jeden

Nutzer. Und wie im LESSINGGYMNASIUM hängen die Urinale

in zwei unterschiedlichen Höhen. In der Schule öffnet sich

außerdem das Ventil am Waschbecken per Zeitautomatik.