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38 SCHWIMMSPORT: SPASS HABEN IM STEGERMATT-BAD IN OFFENBURG

„Eines für alle“ ist das Stegermatt-Bad in

Offenburg. Denn 4a Architekten entwarfen

ein multifunktionales Bad für eine höchst

heterogene Besucherschaft, dem es tat-

sächlich gelingt, allen Gästen das Richtige

zu bieten – ohne es dabei charakterlos

allen recht machen zu wollen.

Badegäste sind eine schwierige Klientel. Denn in einem öffent-

lichen Bad will jeder sein ganz persönliches kleines Glück

finden. Die Senioren wollen in Ruhe ihre Bahnen schwimmen

oder Gymnastik treiben, die Schulen und Vereine möchten

trainieren, die Teens verlangen das Spektakel und die Eltern

das familienfreundliche Vergnügen für Groß und Klein. Ein

derart multifunktionales Programm verlangt ausgeklügelte

Raumprogramme und sehr viel Expertise bei der Organisation

der Abläufe. Im Freizeitbad Stegermatt spielten die Stuttgarter

4a Architekten ihre ganze Erfahrung aus – und errichteten

zugleich eine ikonographische Bäderarchitektur. Als es galt,

das vorhandene Bad aus den 1930er-Jahren zu erneuern,

da entschieden sich 4a Architekten für einen einfachen,

aber klugen Kunstgriff. Denn der Neubau ersetzt nicht das

Vorgängergebäude, sondern wurde am anderen Ende des

weitläufigen Bürgerparkgeländes errichtet – während das alte

Bad noch in Betrieb blieb. Niemand musste also auf den Spaß

im Wasser verzichten. Und als das neue Freizeitbad schließ-

lich Mitte des vergangenen Jahres in Betrieb ging, da fanden

alle Offenburger Badegäste genau das, was sie suchten.

Vielfältiges Angebot

Angesichts der durchaus widersprüchlichen Interessen

der Kundschaft entschieden sich die Architekten für sau-

ber getrennte Badezonen. Familien finden eine Halle mit

Freizeitbecken, Rutschen und Babybereich, für Sportler

gibt es Wettkampf- und ein Sprungbecken – und dazwi-

schen können Schwimmkurse und Wassergymnastik in

einem Extrabecken mit Hubboden angeboten werden. Die

Becken im Freibereich komplettieren das Angebot des

Stegermatt-Bades. Organisatorisches Rückgrat ist der ange-

gliederte Trakt für Umkleiden und Sanitäranlagen. Und die

Saunafreunde finden ihre Anlage samt Außenbereich in der

Verlängerung des Bades – und direkt neben den Gleisen der

ICE-Strecke Basel-Mannheim. Das Gebäudeensemble wird

von außen durch die expressiven und weit auskragenden

Dächer formal zusammengehalten – im Inneren ist es eine

sanft gewellte Decke aus Holzlamellen, die alle Gebäudeteile

zusammenbindet und zugleich in die Landschaft und den

nahe gelegenen Schwarzwald überleitet. Konzeptionell geht

es 4a Architekten stets darum, das Baden aus der klassi-

schen Schwimmhalle zu befreien. Immer wird das Innen

mit dem Außen verwoben. Stets sind Wände so transpa-

rent wie möglich. Decken werden zumeist aufgelöst und in

Bewegung versetzt. Der Innenraum wird zur Landschaft und

die Umgebung zum integralen Teil des Entwurfs.

Fröhlich – nicht schreiend

Viele Referenzen derselben Bauaufgabe innerhalb eines

knappen Zeitfensters bieten zu können, dies ist heutzuta-

ge Standardvoraussetzung für die Zulassung zu großen

Wettbewerben. Der Effekt im Falle von 4a Architekten:

Das Büro gehört inzwischen zu Europas führenden Bäder-

Architekten. Dass ihre zahlreichen Projekte dabei durchaus

wiedererkennbar sind, ist jedoch keineswegs Resultat

einer möglichen Routine. Es sind schlicht die grundlegen-

de Haltung und der Perfektionsgrad, die typisch sind für

die Stuttgarter Architekten. In Farb- und Materialwahl ist

indes eine deutliche Veränderung erkennbar. Wurden noch

vor Jahren gerne bunte Akzente gesetzt, so sind es heute

die natürlichen Materialien, die dominieren. Am Rande

des Schwarzwaldes ist es vor allem das Holz, das die

Atmosphäre des Bades prägt. Als Lamelle an der Decke oder

als Schindel an der Wand. So richtig bunt wird es nur noch

dort, wo es um den reinen Badespaß geht, am Aufgang zur

Rutsche oder im Baby-Planschbecken. In Offenburg entstand

ein Bad, das fröhlich ist, aber nicht schreiend laut. Eine

Architektur für alle, die für alle richtig ist – ohne es charak-

terlos allen recht machen zu wollen.

Das expressive, weit auskragende Dach ist das prägendste architektonische Merkmal des Gebäudekörpers.