Background Image
Previous Page  22 / 36 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 22 / 36 Next Page
Page Background

22

Ende 2000 trat Infineon mit einem kühnen Plan an die Öffent-

lichkeit: In Neubiberg vor den Toren von München sollte in

den kommenden Jahren eine mustergültige Bürostadt für

rund 7000 Mitarbeiter entstehen. Damit betrieb der Chip-

hersteller nicht nur die endgültige, auch räumliche

Loslösung von der Konzernmutter Siemens, in deren

Gebäuden das Unternehmen bis dato noch arbeitete,

sondern verfolgte auch die Vision einer effizienteren

Zusammenarbeit in angenehmem Umfeld. Ein Name für das

Mammutprojekt war bereits gefunden: Campeon, eine

Wortschöpfung aus „Campus“ und „Infineon“. 2002 legte

Infineon in einem Beitrag für das Online-Magazin „changeX“

die drei Leitgedanken des Neubaus dar: Geschwindigkeit

(die Innovationszyklen haben sich in der Chip-Branche in

wenigen Jahren auf ein Drittel reduziert), Wissen (über das

sich der Preis eines Mikrochips zu mehr als 70 Prozent

bestimmt) und Globalität (internationale Entwicklungsteams

arbeiten in Echtzeit zusammen, ohne sich jemals von

Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen zu müssen).

Campeon ist eine 62 Hektar große, veritable Kleinstadt mit

Bank und Reisebüro, Sportanlagen und einer Kita für 120

Kinder. Eine ringförmige Wasserfläche aus sieben Teichen

umschließt die Anlage, auf der heute bereits rund 6000

Personen arbeiten. Eine spätere Erweiterung auf bis zu

240 000 Quadratmeter Bürofläche und 10 000 Angestellte ist

nach dem Plan von TEC PMC und Maier+Neuberger

Architekten problemlos möglich. Das gesamte Gelände ist

öffentlich zugänglich. Da die Infineon-Zentrale mitten in

einer für München wichtigen Frischluftschneise steht, blie-

ben in ihrer Mitte eine breite Grünachse, der Anger und im

Westen der so genannte Bürgerpark unbebaut. Im Osten

trennt ein 12 Meter hoher, parkähnlich gestalteter Lärm-

schutzwall das Gelände von der angrenzenden Autobahn

und der neu angelegten Autobahnauffahrt.

Die sechs je 120 Meter langen Büromodule sind maximal

viergeschossig und werden zu den Rändern des Komplexes

hin flacher. Ihre Entwerfer charakterisieren sie als „Gebäude

,zum Anfassen’, die sich in Maßstäblichkeit und Gliederung

in die Siedlungsstruktur der Umgebung einfügen, also gera-

de keine ,High-Tech-Architektur’“. Sie bauen auf ähnlichen

Grundprinzipien auf, sind aber alle unterschiedlich model-

liert, und auch die Fassaden variieren in Materialbelegung

und Öffnungsanteil stark. Den Kopfbauten am Anger, die

auch öffentliche Funktionen und Dienstleistungsbereiche

enthalten, verleihen sandfarbene Stahlbeton-Fertigteile

einen „steinernen“ Charakter, während die flacheren Gebäu-

deteile vorwiegend mit Holzelementen aus HPL-Material und

mit Aluminium-Lamellen verkleidet wurden.

In den Büroebenen des Campeon wurden zu 90 Prozent

offene Raumstrukturen realisiert. Die daraus resultierende

akustische Belastung mindern flexible, schallabsorbierende

Raumteiler, so genannte „Team Panels“, die zwischen Boden

und Decke eingespreizt sind. Grundsätzlich sind auf dem

Gelände nur die Technikräume, also Rechenzentren und

Labore, klimatisiert. Die reinen Büroflächen werden dage-

gen manuell – durch Kippfenster – gelüftet und durch ther-

mische Bauteilaktivierung gekühlt. Hierfür wird im Süden

des Grundstückes Grundwasser entnommen, durch die

Geschossdecken geleitet und in die nördlich der Gebäude

gelegenen Schluckbrunnen zurückgeleitet. Im Winter kann

das System auch zu einer Grundtemperierung der Decken-

flächen genutzt werden.

Nach fünfjähriger, wechselhafter Planungs- und Bauzeit hat der Chiphersteller

Infineon seinen neuen Hauptsitz südlich von München eingeweiht. Obgleich kleiner

als ursprünglich geplant, ist der „Campeon“ doch eine veritable Bürostadt für 6000

Mitarbeiter. Er verkörpert das Image von Infineon als einem Unternehmen, das seine

Wertschöpfung immer weniger aus der Industrieproduktion und in immer höherem

Maß aus dem Wissen seiner Angestellten generiert.

Infineon-Konzernzentrale „Campeon“ in Neubiberg