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Mit einer dynamischen Formensprache stellt sich der Neu-

bau des Museums der klar gegliederten Fassadenstruktur

des Bestandsgebäudes entgegen. Schon von Weitem ent-

steht eine ganz neue Wirkung: Links neben der symmetri-

schen Eingangssituation des klassizistischen Altbaus ragt

ein 30 Meter hoher und transparenter Metallkeil in der ge-

wohnt komplexen Architektursprache Libeskinds in den

Himmel. Libeskind versteht seinen Neubau als Ausdruck der

Gewalt, die Dresden im Zweiten Weltkrieg getroffen hat: Im

Februar 1945 kam es zu vier Luftangriffen der Alliierten, bei

denen etwa 60 Prozent des Stadtgebiets zerstört wurden.

Die Gebäudeform ist der Dreiecks-Formation nachempfun-

den, in der britische Flieger damals den ersten Luftangriff

geflogen sind. Die Spitze des gebauten Keils zeigt zudem

genau auf den Punkt, an dem die Flugzeuge ihre Zielmarkie-

rungen für die Bomber abwarfen.

Bewusst asymmetrisch gehalten, wirkt die Konstruktion wie

ein Stachel – ein Fremdkörper – dessen Spitze das alte

Bauwerk um etwa zehn Meter überragt. Der Anbau wurde

als Stahlfachwerkkonstruktion ausgebildet und mit einfa-

chen Aluminiumstegen verkleidet, die sonst zur Abdeckung

von Abflussrinnen verwendet werden. Diese durchlässige

Struktur gibt beim Näherkommen den Blick auf das Trag-

werk frei und lässt die dahinter liegende, denkmalgeschützte

Fassade erkennen. Es entsteht eine Überlagerung von histo-

rischer und moderner Baustruktur, die sich auch im Inne-

ren des Museums wiederfindet. Die Räume im Erd- und

Obergeschoss des Altbaus wurden in den Zustand zu Be-

ginn des 19. Jahrhunderts zurückversetzt. Ein klares Säu-

lenraster im Erdgeschoss sowie gusseiserne Stützen im

Obergeschoss prägen hier die hallenartigen Räume. Unter-

brochen wird diese Ordnung durch den Keil. Geneigte

Sichtbetonwände und stützenfreie Flächen lassen immer

wieder neue Raumeindrücke entstehen. Die spitz zulaufen-

den Winkel der neuen Bereiche bilden Sackgassen, die

als Vitrinen genutzt werden. Die mehrgeschossigen Luft-

räume bieten Platz für große Exponate, die von den Galerien

und Treppenanlagen immer wieder aus einem anderen Blick-

winkel betrachtet werden können.

Die Dauerausstellung, die von den zwei Architekturbüros

HG Merz und Holzer Kobler Architekturen konzipiert wurde,

setzt der plakativen Architektur Ruhe entgegen. Das Kon-

zept folgt der Militärgeschichte von 1300 bis 1914, lediglich

in den neu entstandenen Bereichen werden zeitlich unab-

hängige und zivile Themenbereiche der Militärgeschichte

präsentiert. Auf insgesamt 13.000 Quadratmetern zeigt das

Museum rund 10.000 Exponate. Darunter finden sich neben

Uniformen und Waffen auch das erste deutsche Tauchboot

aus dem Jahr 1850, eine Raumkapsel und diverse mediale

Zeitzeugen der verschiedenen Epochen.

Den Endpunkt der Ausstellung bildet im obersten Geschoss

der „Dresden Blick“. Den Altbau verlassend, tritt der Besu-

cher auf eine Brücke in die äußerste Spitze des Neubaus.

Die durchlässigen Metalllamellen der Fassade bieten hier

einen weiten Blick auf die Altstadt, der sich mit den Ein-

drücken des alten Dresden aus dem Museum verbindet.

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Das Arsenal-Hauptgebäude in Dresden aus dem Jahr 1877 diente bereits 20 Jahre

nach seiner Fertigstellung als Museum für die Armee. Nach der Wende entschied

sich die Bundeswehr für ein neues Ausstellungskonzept, das eine Erweiterung des

Hauses zur Folge hatte. Der Architekt Daniel Libeskind gewann 2002 den Wettbewerb

und plante einen spektakulären Neubau.

ERWEITERUNG DES MILITÄRHISTORISCHEN MUSEUMS IN DRESDEN