NIKOLAUS GOETZE:
Die Deutsche Schule in Peking war
innerhalb unserer Planungstätigkeit in China sicherlich ein
Ausnahmeprojekt, denn unser Auftraggeber war das
Bundesdeutsche Bauministerium, wir konnten ein deut-
sches Bauunternehmen engagieren, und es galten die
Berliner Bauvorschriften. Dementsprechend hatten wir die
gleichen Brandschutzbestimmungen zu berücksichtigen
wie in Deutschland. Insofern war dieses Projekt – auch
was den vorbeugenden Brandschutz betrifft – nicht so ein
„Abenteuer“ wie andere Projekte, die wir später in China
realisiert haben.
Generell kann man sagen, dass die Baugesetzgebung in
China bürokratischer ist als in Deutschland. Andererseits
ist man dort aber offen für neue Vorschläge, gerade wenn
diese von einem angesehenen ausländischen Architektur-
büro stammen. Beispielsweise waren für das momentan im
Bau befindliche Shenzhen Convention & Exhibition Center
eigentlich Brandabschnitte von maximal 5.000 Quadrat-
metern vorgeschrieben. Wir erachteten es aber für sinn-
voll, Brandabschnitte von 30.000 Quadratmetern Fläche zu
realisieren. Deshalb haben wir den chinesischen Behörden
erklärt, wie wir in Europa das Thema Brandschutz bei ver-
gleichbaren Projekten handhaben, haben der Feuerwehr
unser Konzept präsentiert, und am Ende dieses in China
üblichen dialogischen Verfahrens wurde unser Vorschlag
für den vorbeugenden Brandschutz akzeptiert. Wir haben
den Eindruck, dass man nicht nur seitens der Bauherren,
sondern auch seitens der Baubehörden an unserem
„europäischen Know-how“ interessiert ist.
PORTAL:
Deutschland lässt sich vielleicht als „Mekka“der
Bauvorschriften bezeichnen. Welche Erfahrungen bezüg-
lich des Brandschutzes haben Sie vergleichsweise im
Ausland machen können?
NIKOLAUS GOETZE:
In Deutschland haben wir eine relativ
strenge Baugesetzgebung, die für uns aber nicht behin-
dernd ist. Denn wir verfolgen einen konsequent integrati-
ven Planungsansatz, arbeiten bei jedem Projekt schon sehr
früh im Team mit Fachingenieuren wie Statikern, Akusti-
kern, Grün- und Lichtplanern zusammen, die uns darin
unterstützen, gute Lösungen für plausible Konzepte zu fin-
den. Interessant ist, dass ein Land wie Vietnam, das – wie
China vor wenigen Jahren – am Beginn eines großen
Baubooms steht, eins zu eins die sehr ausgereifte deut-
sche Brandschutz-Gesetzgebung übernehmen möchte.
Dort werden jetzt große Flughäfen und Hangars für ganz
neue Flugzeuggenerationen gebaut, außerdem Bahnhöfe
und Messehallen, deren Ausmaße über die Dimensionen
herausragen, die durch die bestehenden Gesetze über
Brandabschnitte und Qualmentwicklung geregelt werden
können. Wir sind wegen der Planung des National
Congress Centre in Hanoi vor Ort, leisten dort als
Architekten quasi Entwicklungshilfe.
Circuit Park Zandvoort
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Peter Wahl
, Dipl.-Ing.Architekt, Geschäftsführer und
Partner bei Tilke GmbH Ingenieure und Architekten
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einer auf sich bezogenen Baukörperdisposition, die über
feste Raumkanten das Grundstück in definierte Freiräume
teilt. Ein Wechselspiel aus Freiräumen, Abgrenzung und
Öffnung entsteht, das die chinesische Bautradition der
Gruppierung von Baukörpern aufgreift. Das Ensemble wird
aus einem horizontal geprägten Schulgebäude und, im
Kontrast dazu, einem vertikalen Wohnkomplex für Lehrer
und Botschaftsangehörige gebildet.
PORTAL:
Welche Erfahrungen konnten Sie bei diesem und
den nachfolgenden Projekten bezüglich des vorbeugenden
Brandschutzes in China machen? Worin unterscheidet sich
die chinesische Gesetzgebung im Vergleich zur deutschen?
PORTAL IM GESPRÄCH MIT DEM
ARCHITEKTEN NIKOLAUS GOETZE
PORTAL:
Die Vielfalt der Projekte von gmp ist erstaunlich.
Gerade wurde der Stuttgarter Flughafen fertiggestellt, aber
auch auf internationalem Terrain wie beispielsweise in
China ist das Büro tätig. Zu nennen ist in diesem Zusam-
menhang sicherlich die Deutsche Schule in Peking. Kön-
nen Sie kurz das architektonische Konzept dieses
Projektes erläutern, das 1998 den Beginn Ihrer Tätigkeiten
in China markierte?
NIKOLAUS GOETZE:
Das Grundstück liegt im Dritten
Diplomatenviertel Pekings; die stark befahrene Straße
Liangmaquiao-Lu und eine heterogene Umgebung prägen
das Umfeld. Aus dieser Situation entwickelten wir die Idee
Von Gerkan, Marg und Partner ist eines der deutschen Architekturbüros, die seit
Jahren äußerst erfolgreich in China tätig sind. Im Moment hat die gmp-Niederlassung
in Peking elf Projekte im Bau, darunter große Messe- und Einkaufzentren, aber auch
Wohnbauten und ein Museum. PORTAL sprach mit Nikolaus Goetze, Partner bei gmp
und ausgewiesener China-Experte, über seine durch die Projekte in China gewonne-
nen Erfahrungen, speziell im Bereich Brandschutz.
NIKOLAUS GOETZE
Dipl.-Ing. Architekt, geboren am
25. September 1959 in Kempen.
1980
Architekturstudium an der
RWTH Aachen
1985/86
Meisterklasse Prof. W.
Holzbauer, Hochschule für
angewandte Kunst, Wien
1987
Diplom an der RWTH Aachen
seit 1987 Mitarbeit im Büro von Gerkan,
Marg und Partner, Hamburg
1994
Assoziierter Partner im Büro
von Gerkan, Marg und Partner
seit 1998
Partner im Büro von Gerkan,
Marg und Partner
Internationales Messe- und Kongress-Zentrum in Nanning
Guangzhou Development Central Building
Shenzhen Convention & Exhibition Center
Deutsche Schule in Peking