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gangenen Sommer zu massiven Stromengpässen geführt.

Auch in diesem Jahr war bereits über Energieprobleme

berichtet worden. Fabriken wurde der Strom teilweise

oder ganz abgeschaltet. Wie die Tageszeitung „Shanghai

Daily“ ebenfalls berichtete, wird von sofort an der Strom

für die Industrie und kommerziell genutzte Gebäude deut-

lich teurer. Privathaushalte bleiben von der Erhöhung

zunächst verschont. Im Fall einer weiteren Hitzewelle in

diesem Jahr könnte Shanghai bis zu vier Millionen Kilo-

wattstunden zu wenig Strom haben, hieß es weiter. Das

entspricht dem Jahresverbrauch von rund 1000 deutschen

Privathaushalten.

Durch eine rasante Verstädterung – bis ins Jahr 2020 sollen

etwa die Hälfte aller chinesischen Bürger in Städten woh-

nen – ist das Gleichgewicht zwischen verkehrstechnischer

Infrastruktur einerseits sowie Industrie- und Wohnungsbau

andererseits außer Kontrolle geraten. Bei einem Zuwachs

von derzeit etwa 1000 Neuzulassungen privater Pkws pro

Circuit Park Zandvoort

Shanghai PitBuilding

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Peter Wahl

, Dipl.-Ing.Architekt, Geschäftsführer und

Partner bei Tilke GmbH Ingenieure und Architekten

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Der Fall Peking und die Grenzen des Wachstums

Sieben Quadratmeter. Das war in den Neunzigern der

durchschnittliche Wohnraum eines Pekingers. Wie viele

sind es heute? Es macht keinen Sinn diese Frage ernsthaft

zu beantworten, denn morgen sind es mehr, übermorgen ist

die Zahl restlos veraltet.

Die Regeln dieser Pekinger Dynamik sind nicht ausge-

macht. Die Zentralregierung, immerhin vor Ort, kann ihr

Handeln in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung ledig-

lich auf ein Reagieren begrenzen. Agieren selbst ist nahezu

unmöglich geworden. Ein Treffen mit der China Mayors

Association bestätigte dies. Auf die Frage, wie die Städte

und Kommunen die Geschwindigkeit der wirtschaftlichen

Entwicklung einschätzen, musste eingestanden werden,

dass ihnen die Kontrolle hierfür verloren geht. In Folge die-

ser Problematik hat sich die Zentralregierung entschlossen,

regulierend auf die „heißen Bereiche“ einzuwirken – der

Bausektor und der Verkehrssektor gelten als solche.

Erste direkte Auswirkungen dieses rasanten Wachstums

sind die in letzter Zeit stark zunehmenden Stromknapp-

heiten. Wie die Tageszeitung „China Daily“ berichtete, wer-

den seit Ende Juni erste Versuche gestartet. Dort soll an

heißen Sommertagen künstlich erzeugter Regen in der chi-

nesischen Millionenmetropole Shanghai für Abkühlung und

für weniger Stromverbrauch sorgen. Die Stadtregierung

von Shanghai hat Stromabschaltungen gefordert, um dem

inflationär wachsenden Verbrauch entgegenwirken zu kön-

nen. Flugzeuge sollen über der Stadt Wolken aus

Trockeneis, Silberjodid und Salz erzeugen, um mit Hilfe

physikalischer Reaktionen Regen herbeizuführen.

Shanghais explosionsartige wirtschaftliche Entwicklung

und eine 40 Tage andauernde Hitzeperiode hatten im ver-

CHANCEN UND RISIKEN IM BOOMLAND CHINA

China wandelt sich. Das ist nichts Neues. Doch der einzige

Trend, der sich als konstant erwiesen hat, ist die Verän-

derung. Sie ist rasant und nimmt inhaltlich Wendungen an,

die der reinen volkswirtschaftlichen Entwicklung in punkto

Dynamik in nichts nachstehen.

Die dazugehörenden Bilder erhöhen die Wirksamkeit der

reinen Inhalte: Die Skyline von Shanghai, Millionen von

Quadratmeter neuer Wohn- und Büroflächen, die Neu-

bauten der Olympischen Spiele 2008 in Peking sowie die

anstehende Weltausstellung in Shanghai 2010 wirken gera-

dezu wie Magnete auf ausländische Investoren und Unter-

nehmen.

Diese Meldungen sind es, die in den Köpfen von strategi-

schen Unternehmensplanern und Geschäftsführern großer

Architekturbüros weltweit den immensen Druck aufbauen,

dabei sein zu wollen. Doch Chance ist auch hier immer

gleich Risiko. Große Projekte sind zwar gut fürs Renom-

mee, doch nicht unbedingt zwingend positiv fürs Geschäft.

Der erstaunte deutsche Architekt findet oftmals sein

Design verwirklicht ohne selber involviert gewesen zu sein

– Erfahrungen, die einige in China tätige deutsche Archi-

tekten machen mussten.

Waren es früher die großen Architekten, die durch

Schlagzeilen aus China auf sich aufmerksam gemacht

haben, so sind es heute mehr und mehr Spezialisten, die

Erfolge und Gewinne im Chinageschäft aufweisen können.

Es reicht hier nicht mehr, nur allein als ausländischer

Architekt aufzutreten, es werden mehr und mehr Anforde-

rungen an das ausländische Büro gestellt. Von Vorteil ist

noch, dass in China die Bezeichnung „Made in Germany“

sehr geschätzt ist. Die Marke „Deutschland“ steht für

Qualität und Zuverlässigkeit und wird gerne verwendet.

Seit Jahren erfahren wir fast täglich von neuen Rekorden aus China. Wohneinheiten

und Stadtflächen werden in einem Tempo geplant und gebaut, das selbst die

Nachkriegsentwicklung in Deutschland in den Schatten stellt. Dr. Falk Kagelmacher

erläutert die Konsequenzen des Wachstums für die Stadtplanung, den Wohnungs-

markt und das Engagement deutscher Unternehmen im einstigen Reich der Mitte.

Autor: Dr. Falk Kagelmacher, China Academy of Urban Planning and Design

Inmitten bestehender Bebauung entstehen neue Stadtflächen.