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Ungläubiges Kopfschütteln erntete Heinz Röntgen, als er

sich 1964 in Dannenberg, im damaligen Zonenrandgebiet,

niederließ und die Textilfirma Nya Nordiska gründete. Der

ungewöhnliche Name ist seiner Liebe zu skandinavischem

Design geschuldet, in dessen Tradition er die Entwürfe der

Dekorations- und Möbelstoffe seines Unternehmens sah.

Der guten Gestaltung verpflichtet, schrieb die Geschäfts-

leitung für eine neuerliche Verdichtung des Firmenareals

2008 einen Architekturwettbewerb aus. Die große Heraus-

forderung für die Preisträger, Staab Architekten aus Berlin,

bestand darin, die feste Einbindung des Firmensitzes in den

Kern der Kleinstadt Dannenberg mit ihrer differenzierten,

kleinteiligen Struktur weiter fortzuführen. Die Neubauten

mussten in die bestehende Anlage aus zwei alten Fach-

werkgebäuden, einem dahinter liegenden Büroriegel sowie

großen Lagerhallen integriert werden. Die beiden alten

Fachwerkhäuser wurden teilweise entkernt und saniert,

während weitere Büro- und Präsentationsräume sowie

Produktionshallen für den neuen Geschäftszweig der Vor-

hangbefestigungssysteme geschickt in die bestehende

Bebauung eingeflochten wurden. Jetzt verbindet sich das

Bestehende zu einem Ganzen, das logistisch überraschend

gut funktioniert und ästhetisch dem Auge schmeichelt.

Neue Sheddächer mit individuell abgestimmten Geometrien

erinnern an die gewachsene Struktur des Ortskerns, pas-

sen sich den unterschiedlichen Höhen der Bestandsge-

bäude an und garantieren im Inneren die jeweils optimalen

Belichtungsverhältnisse.

Die emotionale Nähe zu Skandinavien war wohl ausschlag-

gebend für das warme Rot der Fassadenhaut aus gefalte-

tem Aluminium, das aus der Ferne starke Assoziationen zu

schwedischen Holzhäusern weckt. Ebenso harmoniert die

Farbe auch ganz vortrefflich mit den Grautönen der Fach-

werkhäuser und den hellen Rottönen der Backsteinge-

bäude auf dem Firmengelände. In den feinen Profilen, die

die horizontalen Fensterbänder unterteilen, und im Spiel

mit den tiefen Laibungen manifestieren sich der große

Gestaltungswille und die Hingabe zum Detail. So sind auch

Dachrand, Sockel und die Entwässerung perfekt minimalis-

tisch gelöst. Beim Blick in die neue Produktionshalle für

Vorhangbefestigungen wird die Funktion deutlich: Der freie

Blick auf die Sheds, die abgehängte Beleuchtung und die

sichtbar verlegten Versorgungsleitungen enthüllen erst-

mals den Industriebau – hinter der sorgfältigen Ausführung

vermutete man eher ein Kulturgebäude. Die geglückte

Verzahnung von Alt- und Neubau ermöglicht jetzt kurze

Wege zwischen Entwurfsabteilung, Schneiderei und Lager,

die zentral um einen Innenhof angeordnet sind. Die weißen

Wände und die schwarz beschichteten Böden aus Indus-

trieestrich bilden den passenden Rahmen für die farbigen

Stoffmuster des Textilverlags. Hier wurde eine vorausge-

gangene gründliche Situations- und Anforderungsanalyse

für einen vielschichtigen Gewerbebau konsequent umge-

setzt. So entstand eine neue Architektur, die ganz den

Grundprinzipien der Baukunst verpflichtet, Funktion, Schön-

heit und Wirtschaftlichkeit vereint.

TEXTILVERLAG DANNENBERG

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Der Familienbetrieb Nya Nordiska ist immer schon ungewöhnliche Wege gegangen.

So lud das Unternehmen für die Erweiterung des Firmensitzes zu einem Architektur-

wettbewerb ein, den Staab Architekten aus Berlin gewannen. Mit dem rot schim-

mernden Gebäudeensemble, das nun zwischen dem teilweise historischen Bestand

hervor lugt, haben die Firmeninhaber Mut und die Architekten Können bewiesen.