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PORTAL IM GESPRÄCH

mit Helge Pitz

PORTAL:

Glauben Sie, dass die Architektur des späten 20.

Jahrhunderts und des 21. Jahrhunderts den nachfolgen-

den Generationen auch so viel bedeutet, dass sie sich für

deren Erhaltung so stark einsetzen werden, wie

unsere Generation dies tut?

HELGE PITZ:

Wenn die Hochschulen ihrer Aufgabe ge-

recht und die jungen Menschen hinsichtlich ihrer histori-

schen und architektonischen Verantwortung ausgebildet

werden und lernen, die qualitätvolle Architektur des 20.

und 21. Jahrhunderts zu respektieren, so werden sie

genau so engagiert und verantwortungsvoll handeln wie

unsere Generation.

PORTAL:

Wie stehen Sie zu Rekonstruktionen, zum

Beispiel die Frauenkirche in Dresden oder das Berliner

Schloss?

HELGE PITZ:

Wir lehnen Rekonstruktionen als Aufgabe

grundsätzlich ab. Es mag Ausnahmen geben, die aber

sehr sorgfältig geprüft werden müssen. Die Frauenkirche,

zum Beispiel, wurde von den Dresdnern gewünscht und

war für die Bevölkerung von hohem symbolischen Wert.

Für das Berliner Schloss hingegen besteht diese Begrün-

dung nicht. Warum kann an diesem bedeutungsvollen Ort

die Geschichte nicht fortgeschrieben und mit einem

Neubau die Zukunft eröffnet werden?

gemacht, dass Baudenkmal und Nutzung keine „Feinde“

sind, ebenso wenig wie alt und neu. Wenn ein histori-

sches Gebäude gründlich erforscht ist, so besteht fast

immer die Möglichkeit, eine gewünschte Nutzung mit

dem Baudenkmal in Übereinstimmung zu bringen bzw.

die dem historischen Gebäude entsprechende Nutzung

herauszuarbeiten.

PORTAL:

Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg

wurden die baulichen Lücken in den 1950er und 1960er-

Jahren schnell wieder gefüllt. Jetzt kommen diese Ge-

bäude in die Jahre, von denen sehr viele aus architekto-

nischer Sicht erhaltenswert sind. Ist es leistbar, dieses

Erbe zu erhalten?

HELGE PITZ:

Bedauerlicherweise sind viele der

Gebäude inzwischen abgerissen. Wir dürfen uns aber

Geschichte nicht aussuchen. Und dieses Erbe als Teil

unserer Geschichte zu erkennen, zu akzeptieren und zu

erhalten, ist wichtig und leistbar. Ein Beispiel: Vor Jah-

ren haben wir in einer umfassenden bauhistorischen

Untersuchung das gesamte Victoria-Areal in Berlin,

besser bekannt als Kranzler-Eck – erforscht. Das in

seiner Qualität kaum mehr kenntliche Kaufhaus Bilka

wurde daraufhin entsprechend instandgesetzt und

überzeugt bis heute.

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