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überkommenen Bausubstanz, sorgfältige Erhaltung der

Baudenkmale, Hinzufügung der neuen Nutzungen in der

Sprache unserer Zeit – fand die große Zustimmung der

Denkmalpflege in Magdeburg und wurde auf dieser Basis

den Bürgern vermittelt. Dass es immer wieder Menschen

gibt, die Dinge anders empfinden, betrachte ich nicht

unbedingt als Kritik.

PORTAL:

War der Turmbau an der Lukasklause eine

Ausnahme oder machen Sie die Erfahrung, dass grund-

sätzlich gegen moderne Architektur protestiert wird?

HELGE PITZ:

Der „Turmbau“ an der Lukasklause (zusam-

men mit Maske und Suhren) ist bewusst eine moderne

Hinzufügung zum vorhandenen Ensemble und lässt die

unterschiedlichen Bauperioden deutlich werden. Wir

haben bislang nicht die Erfahrung gemacht, dass Men-

schen grundsätzlich gegen moderne Architektur protestie-

ren. Wenn ein Radfahrer am Elbufer seinen Morgensport

macht und seine gewohnte „Kulisse“ verändert findet, so

mag er sich dazu gerne äußern – wie die Magdeburger

Presse berichtet. Dies ist sein Recht in unserer Demokratie.

PORTAL:

Warum haben so viele Menschen Probleme mit

moderner Architektur?

HELGE PITZ:

Es ist, glaube ich, eine Frage der Vermitt-

lung. Die zeitgemäße Architektursprache der neuen Ein-

PORTAL:

Bauen im Bestand ist für Architekten längst keine

ungewöhnliche Bauaufgabe mehr. Die Bandbreite, die

dieses neue Betätigungsfeld eröffnet, umfasst sowohl

Umnutzungen und Erweiterungen als auch denkmalpflege-

rischen Arbeit. Ihr Büro hat diese Entwicklung schon sehr

früh erkannt und so konnten Sie über viele Jahre Erfah-

rungen sammeln, die Ihnen heute im Wettbewerb nützlich

sind. Wann haben Sie das erste Mal im Bestand gebaut?

HELGE PITZ:

Zu Zeiten, als noch viele Neubauten errich-

tet wurden – in den 1970er und 1980er Jahren – haben

wir uns schon mit der bauhistorischen Aufarbeitung der

gerade in Berlin so zahlreich vorhandenen Architektur

der klassischen Moderne beschäftigt – beispielsweise

mit den vier Großsiedlungen Siemensstadt, Onkel Toms

Hütte, der Hufeisensiedlung, und der Weißen Stadt.

PORTAL:

Die wachsenden Bürgerbeteiligungen an Bau-

prozessen in jüngster Zeit haben auch Sie in Magdeburg

zu spüren bekommen. Der im Zuge der Internationalen

Bauausstellung 2008 gewonnene Wettbewerb zur Erwei-

terung der Lukasklause war in der Ausführungsphase mit

viel Widerstand aus der Bevölkerung begleitet. Wie sind

Sie mit dieser Kritik umgegangen?

HELGE PITZ:

Unsere Grundhaltung zum Umgang mit his-

torischen Bauten – gründliche bauhistorische Erfor-

schung der Bauten, denkmalpflegerische Bewertung der

Das Büro Pitz & Hoh, Architektur und Denkmalpflege wurde 1992 in Berlin vom Archi-

tekten Helge Pitz zusammen mit der Kunst- und Architekturhistorikerin Dr. Christine

Hoh-Slodczyk gegründet. Ziel war, neben dem Arbeitsschwerpunkt Neubau auch für

die Erforschung und Instandsetzung historischer Bauten die optimalen Vorraussetzun-

gen zu schaffen. PORTAL stellt Helge Pitz Fragen zum Umgang mit Bauen im Bestand.

PORTAL IM GESPRÄCH

mit Helge Pitz

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