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Man atmete in Hamburg hörbar auf,
als der Spiegel be-
kannt gab, nicht dem Ruf nach Berlin zu folgen. Dass ein
Umzug überhaupt notwendig wurde, ist der Expansion ge-
schuldet: Das alte Stammhaus, ein bemerkenswertes Hoch-
haus des Architekten Werner Kallmorgen von 1968, wurde
schon in den 1980er-Jahren zu klein, weshalb man weitere
Flächen in der Umgebung anmietete. Doch der Wunsch
nach einer Zusammenführung aller Geschäftsbereiche und
der 1.100 Mitarbeiter an einem Standort führte schließlich
zum Neubau durch das Kopenhagener Architekturbüro
Henning Larsen Architects. Die Bedeutung des Projekts
zeigt der Standort auf der Ericusspitze: Das auf zwei Seiten
von Wasser umschlossene Grundstück war einst eine wich-
tige Bastion des im Dreißigjährigen Krieg nach niederländi-
schem Vorbild errichteten Stadtwalls und markiert heute
den östlichen Eingang zur HafenCity. Der in Sichtweite des
alten Spiegel-Hauses liegende Neubau, der noch um ein
kleineres, frei vermietbares Bürohaus ergänzt wurde, sollte
ein bauliches Äquivalent zur Elbphilharmonie bilden. Für
Spektakel jedoch sind die nüchternen Dänen nicht zu ha-
ben: Ihr Entwurf soll nicht auftrumpfen, sondern vor allem
seinem Zweck als modernes Medienhaus dienen. Der un-
prätentiöse Auftritt passt zu einem Verlag, dessen Haltung
durch den Leitsatz seines Gründers Rudolf Augstein geprägt
wird: „Sagen, was ist.“ Außen bescheidet sich der gewalti-
ge Dreiecksbau mit 13 Obergeschossen und 30.000 Qua-
dratmetern Bruttogeschossfläche denn auch konsequent
mit einer Hülle aus dreifach verglasten Fassadenelementen,
die lediglich zum Deichtorplatz durch ein zurückgesetztes
„Fenster zur Stadt“ akzentuiert wird. Hier sollte ursprünglich
eine Medienwand die neuesten Nachrichten von Spiegel
TV & Co. in den Stadtraum projizieren, doch um eine Ver-
schattung der Innenräume zu vermeiden, verzichtete man
auf den Riesenscreen. Eine Reminiszenz an lokale Bautradi-
tionen ist die Backstein-Verkleidung des flutschutzsicheren
Gebäudesockels. Im Inneren reicht ein ebenfalls dreiecki-
ges, weites Atrium bis zum obersten Geschoss und mündet
in eine Glasdecke, die viel Tageslicht ins Innere lässt. Der
immense Luftraum wird durchkreuzt von einer Vielzahl von
Brücken und Treppen und umschlossen von offenen Ga-
lerien. Um die Tageslichtausbeute zu erhöhen, sind die
Bürotrennwände zu den Galerien verglast. Die Arbeits-
räume selbst sind sachlich gestaltet und profitieren wie
schon im alten Stammhaus von der Sicht auf Hafen,
Speicherstadt und City. Für alle offen sind die bemerkens-
werten Sozialräume: Der schönste Raum ist wohl die drei
Etagen hohe „Snackbar“ am „Fenster zur Stadt“. In diese
wurde ein Teil der legendären Spiegel-Kantine des Desi-
gners Verner Panton eingebaut: Die bunten Wandleuchten,
Stoffprismen und Pendellampen lassen im neuen Gebäude
die „Sixties“ wiederaufleben. Eine zeitgenössische Ent-
sprechung bildet die neue Kantine der Designer Ippolito
Fleitz im Erdgeschoss: Die futuristische, fast schon irreale
Atmosphäre wird erzeugt durch Tausende matt schimmern-
de, schallabsorbierende Aluminiumdeckenscheiben, große
gelbe Lichtreflektoren und fugenlose weiße Terrazzoböden.
Der Medienstandort Hamburg ist eng mit dem Spiegel-Verlag verbunden. Mit dem
Neubau auf einem privilegierten Grundstück am nördlichen Eingang zur HafenCity
konnte der Verlag alle Geschäftsbereiche zusammenführen, die zuvor auf verschie-
dene Standorte in der Stadt verteilt waren. Das dänische Büro Henning Larsen ent-
warf einen transparenten Baukörper auf massivem Sockel mit markanter Spitze und
einem auffallenden „Fenster zur Stadt“.
SPIEGEL-HAUS IN HAMBURG
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