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Stephan Balkenhol, Balanceakt,

Axel-Springer-Haus in Berlin,

2009, Bronze bemalt, Sockel Beton,

Höhe zirka fünf Meter

Stephan Balkenhols grob behauenen und farbig behandel-

ten Holzskulpturen kann sich kaum jemand entziehen, der

mit wachen Augen seine Umwelt wahrnimmt. Sie balancie-

ren auf Holzpfosten mitten im Elbstrom, klettern Giraffen-

hälse hoch oder stehen einfach nur ganz ruhig da. Diese

Figuren, mal übergroß, mal klein wie Zwerge – Männer,

Frauen, Tiere, aber auch Mischwesen aus allen schlägt er

bevorzugt mit Beitel und Holzhammer unmittelbar aus einem

halben oder viertel Baumstamm heraus. Sockel und Stamm

bilden eine Einheit. Trotz der relativ groben Bearbeitung

entsteht ein realistischer Eindruck. Bei näherer Betrachtung

jedoch geben die Figuren so gut wie nichts von sich preis.

Sie wirken alterslos, ihre Gesichter zeigen keinerlei Emo-

tionen – sie scheinen ins Leere zu blicken. Diese rätselhafte

Zeitlosigkeit verkörpert Persönlichkeit und Anonymität zu-

gleich. Mit seinen bekannten Skulpturen im öffentlichen

Raum konterkariert Stephan Balkenhol die Tradition des

Monuments, indem er das namenlos Menschliche inthroni-

siert. Der Künstler verherrlicht keine Helden, sondern zele-

briert das Durchschnittliche, Banale und Anonyme. Allein

das hebt die Figuren wohltuend von abstrakter Auftrags-

kunst ab, die oft wenig integriert wirkt. Bei vielen Menschen

ohne große Kunstbildung lösen Balkenhols Skulpturen

Freude und Überraschung zugleich aus.

ARCHITEKTUR UND KUNST

Stephan Balkenhol

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Foto: VG Bild-Kunst, Bonn