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in etwa 4,5 Milliarden beschriebenen Seiten – zu scannen,

zu indexieren und über die firmeneigene Suchmaschine

zugänglich zu machen.

Der Phasenwechsel von der physischen in die digitale Welt

macht Informationen mobil und global verfügbar. Für die

Nutzer bieten sich neue Chancen. sich Wissen anzueignen,

das noch bis vor Kurzem außerhalb ihrer persönlichen

Reichweite lag. Gleichzeitig stellen diese Vorgänge die

Existenz von Orten, an denen Wissen heutzutage gespei-

chert und aufbewahrt wird, konkret von Archiven und Bib-

liotheken, infrage. Debatten über die räumlichen Auswir-

kungen der Digitalisierung beschäftigen Architektenschaft

wie Feuilletons der Republik seit geraumer Zeit: Von der

Bibliothek als Auslaufmodell ist da zu lesen. Sie müsse sich

für digitale Angebote öffnen, serviceorientierter werden.

Aber eigentlich sei sie ein hoffnungsloser Fall. Ein Verlierer

der Geschichte, dem dasselbe Schicksal zuteilwerden wird

wie dem gedruckten Buch.

Um es vorwegzunehmen, das große Bibliothekensterben

ist bis heute ausgeblieben. Jährlich besuchen rund

200 Millionen Menschen eine der 8000 Bibliotheken in

Deutschland und entleihen dabei 470 Millionen Medien.

Spektakuläre Neubauten, wie das Jacob-und-Wilhelm-

Grimm-Zentrum in Berlin von Max Dudler oder Herzog

„Es gibt keinerlei

praktisches Hindernis für die Erschaf-

fung eines funktionierenden Verzeichnisses alles menschli-

chen Wissens, aller Gedanken und Ideen und Errungen-

schaften. Also für die Erschaffung eines vollständigen,

weltumfassenden Erinnerungsspeichers für die gesamte

Menschheit“, konstatierte der britische Schriftsteller und

Science-Fiction-Pionier H.G. Wells 1938. Doch bis zur Reali-

sierung seiner Vision des allumfassenden „World Brains“

sollten noch 60 Jahre vergehen, ehe erschwingliche Perso-

nal Computer und deren globale Vernetzung durch das World

Wide Web die dafür erforderlichen Grundlagen schufen.

H.G. Wells „World Brain“ ist heute Wirklichkeit geworden –

Computer, Tablets und Smartphones ermöglichen uns stän-

digen Zugang zum digitalen Datenstrom. Doch nicht nur der

Löwenanteil der tagtäglich bereitgestellten Informationen

gelangt auf diesem Wege zu uns, – der wöchentlichen Auf-

lage des „Spiegels“ von 910.000 Exemplaren stehen monat-

lich 173.000.000 (!) Seitenaufrufe des dazugehörigen Online-

angebots gegenüber. Durch die Digitalisierung bereits vor-

handener, physisch gebundener Wissensbestände öffentli-

cher Bibliotheken und Archive vollzieht sich vor unseren

Augen eine gewaltige Migrationsbewegung hin zur Sphäre

des Digitalen. Deren vorläufigen Höhepunkt markierte die

Ankündigung des Internetunternehmens Google, bis zum

Jahre 2015 mehr als 15 Millionen Bücher – das entspricht

Die Digitalisierung ist nicht nur Teil unseres Alltags geworden, sondern wirkt auch

direkt auf unsere gebaute Umgebung. In einer Zeit, in der sich der Umgang mit

Informationen zunehmend digitalisiert, stellt sich vor allem für die Bibliothek die

Frage nach ihrer Existenzberechtigung. Dabei geht ihre gesellschaftliche Funktion

weit über das Sammeln, Bereitstellen und Vermitteln von Wissen hinaus.

BIBLIOTHEKEN

INSELN IM DATENSTROM

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