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Herzen Berlins galt. Die Bahnhofshalle wird mit ihren

hohen, gläsernen Eingangsfassaden und den flankierenden

Bügelbauten zu einem großen Tor zwischen Moabit im

Norden und dem Regierungsviertel im Süden. Dadurch

hebt die Architektur den Charakter des Bahnhofs als

Kreuzung hervor. Er wird so zu einem einmaligen, erinner-

baren Gebäude und vielleicht zum öffentlichsten

Stadtzeichen der wiedervereinigten Metropole.

PORTAL:

Wie ist der aktuelle Stand der Bauarbeiten?

JÜRGEN HILLMER:

Im unterirdischen Teil des Bahnhofes

läuft derzeit der Innenausbau auf Hochtouren. Das

Verlegen der Gleise hat begonnen, während direkt dane-

ben die Bahnsteinbeläge verlegt und die Wand- und

Deckenverkleidungen angebracht werden. Ein Geschoss

darüber sind die ersten Brüstungen und Glasgeländer mon-

tiert, so dass die Innenräume langsam Konturen anneh-

men. Gleiches kann man nun endlich auch von dem äuße-

ren Bild des Bahnhofes behaupten. Die aussteifenden

Kerne der Bügelgebäude werden zum Teil noch betoniert.

Gleichzeitig haben die Arbeiten am außenliegenden Stahl-

tragwerk begonnen. Sie sollen im August dieses Jahres mit

dem Abklappen der Brückenteile abgeschlossen werden.

PORTAL:

Als Ihr erster Entwurf entstand, waren

Büroflächen sehr gefragt; jetzt jedoch nicht mehr. Welche

Nutzung könnten Sie sich für die Bügelbauten vorstellen?

JÜRGEN HILLMER:

Es wäre sehr kurzsichtig gewesen,

wenn sich die Planungsbeteiligten vor über zehn Jahren

PORTAL IM GESPRÄCH

MIT JÜRGEN HILLMER

PORTAL:

Vor 40 Jahren haben von Gerkan, Marg und

Partner in Berlin den Flughafen Tegel gebaut, jetzt mit dem

Lehrter Bahnhof einen ähnlich wichtigen Verkehrsbau rea-

lisiert. Welcher erforderte mehr Durchsetzungsvermögen?

JÜRGEN HILLMER:

Beide Projekte sind sicherlich politisch

gewollt gewesen. Vor 40 Jahren war es der Flughafen

Tempelhof, der an seine Kapazitätsgrenzen stieß und einen

Neubau dringend erforderlich machte. Für den Lehrter

Bahnhof bildeten 1991 das Investitionsprogramm

„Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ und der Haupstadt-

Beschluß des Bundestages die Grundlage. Das Ziel war

und ist es noch heute, mitten in Berlin eine europäische

Bahndrehscheibe entstehen zu lassen. So gesehen grün-

deten beide Projekte auf einem soliden politischen

Fundament. Durchsetzungsvermögen ist aber in der

Realisation der ganzheitlichen Konzeption gefordert. Bei

Projekten dieser Größenordnung gilt es, das Gesamt-

konzept im Auge zu behalten und die gewünschte Gestalt-

und Raumqualität nicht faulen Kompromissen zu opfern.

Das ist – beim Lehrter Bahnhof auch noch ein Jahr vor

Inbetriebnahme – die weitaus schwierigere Aufgabe.

PORTAL:

Welchem städtebauliche Leitbild folgt der neue

Berliner Hauptbahnhof?

JÜRGEN HILLMER:

Der neue Lehrter Bahnhof ist heute

Ausgangs- und Mittelpunkt eines neu zu belebenden

Stadtteils, ähnlich dem historischen Lehrter Bahnhof, der

bis zum 2. Weltkrieg als wichtigster „Übersee-Bahnhof“ im

Mit dem neuen Lehrter Bahnhof in Berlin soll 2006 eine Verkehrsdrehscheibe von

europäischem Rang fertig gestellt werden. Der Entwurf von gmp – von Gerkan Marg

und Partner inszeniert das Bauwerk als gigantische Verkehrskreuzung und neues „Tor

zur Stadt“. PORTAL befragte Jürgen Hillmer, Partner und seit 1994 Projektleiter für den

Lehrter Bahnhof bei gmp, zur Vision der Architekten – und dazu, inwieweit sie dem

Rotstift zum Trotz Gestalt annehmen wird.