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Sie hat einen guten Ruf und entsprechende Anziehungskraft.
Die buddhistische Religion spielt im Unterricht keine Rolle. Sie
ist aber maßgebend für die Lebensführung der einzelnen
Menschen. Jeder muss darauf achten, dass sich aus seiner
Lebensführung keine Nachteile für die nachfolgenden Leben
ergeben. Dass eine Schule unter Leitung eines hochrangigen
Abtes steht, hat natürlich eine maßgebende Bedeutung.
70–80% der Bevölkerung sind Buddhisten; aber auch die
anderen Religionen können sich ungehindert entfalten.
PORTAL:
Inwieweit haben die Erfahrungen in Myanmar Ihre
Sichtweise auch auf das deutsche Bildungssystem verändert?
CHRISTIAN RUNGE:
Der Schulunterricht in Myanmar wurde
in lange zurückliegenden Zeiten durch die Klosterschulen
geprägt – was sich zum Teil auch heute noch auswirkt: In den
meisten Klassen gibt es 100 oder mehr Schüler. Der Lehrer
trägt einen Satz vor, der von der Gesamtheit der Schüler
(möglichst laut) im Chor wiederholt wird. Auswendiglernen
steht dabei im Vordergrund. Um die Betreuung zu verbessern,
bemüht sich U Nayaka – so weit es in Hinblick auf die Zahl
der Lehrer möglich ist –, kleinere Spezialklassen mit vielleicht
30 Schülern einzurichten, in denen der Unterricht von Anfang
an nicht in der Heimatsprache Myanmar (Birmanisch), son-
dern ausschließlich in Englisch stattfindet. In Englisch findet
im Übrigen auch die Abiturprüfung statt. Berufsausbildung
gibt es in diesem Staat bisher nicht.
Es gibt also für uns genügend Ansätze, die in Deutschland
gesammelten Erfahrungen und unser Know-how durch unse-
PORTAL:
Herr Runge, Sie haben 2000 den Förderverein Myan-
mar e.V. gegründet. Wie ist die soziale und ökonomische
Situation in Myanmar im Vergleich zu den anderen Ländern
der Region?
CHRISTIAN RUNGE:
Myanmar steht unter der Verwaltung
einer Militärregierung. Zwar gab es 1990 freie Wahlen, die mit
62% der Stimmen (das sind rund 80% der Sitze) zugunsten
von Aung San Suu Kyi ausgingen, der Tochter des 1947
ermordeten Staatsgründers Aung San. Aber diese Wahlen
wurden nicht umgesetzt und Aung San Suu Kyi, die 1991 den
Friedensnobelpreis erhielt, steht fast die ganze Zeit unter
Hausarrest. Es gibt einen Boykott der EU-Staaten und ein
Handelsverbot der USA. Bei der Entwicklung der Handels-
beziehungen ist ein erheblicher Rückstand festzustellen und
die Mehrheit der Bevölkerung lebt unter armen
Lebensumständen in Bambushütten.
PORTAL:
Sie konzentrieren Ihre Arbeit auf die Stadt Mingun
und die Phaung Daw Oo-Schule in Mandalay, die von einem
buddhistischen Abt geleitet wird. Welche Rolle spielt die
Religion im Schulwesen und im Alltag in Myanmar?
CHRISTIAN RUNGE:
Die Phaung Daw Oo-Schule (PDO)
wurde von Abt U Nayaka und seinem Bruder, dem Mönch
U Zawtika, 1993 gegründet, um Kindern aus armen Familien
Schulbildung zu geben. Deswegen wird dort – anders als in
den staatlichen Schulen – kein Schulgeld gefordert.
Als wir begannen, gab es in der PDO 3.500 Schüler; jetzt sind
es 7.300. Es handelt sich um die größte Schule in Myanmar.
In vielen Entwicklungsländern gilt Bildung als Schlüssel für eine bessere Zukunft –
auch dort, wo undemokratische Regierungen die Entwicklung des Landes blockie-
ren wie in Myanmar. Seit 2000 unterstützt der Förderverein Myanmar e.V. die größte
Schule des südostasiatischen Landes mit Know-how und finanzieller Hilfe. PORTAL
sprach mit dem Vereinsgründer Christian Runge über das Bildungssystem in
Myanmar und die Zukunftspläne der ehrenamtlichen Helfer.