Vielreisende wissen die
Innenstadtlage eines Hotels sehr
zu schätzen. Sie sehen darin nicht nur den Vorteil einer
guten Erreichbarkeit, oft sind die Häuser auch kleiner, ver-
fügen über eine geringere Anzahl von Zimmern und zeich-
nen sich nicht zuletzt auch durch ihre Individualität aus.
Für dieses Privileg nimmt der Gast auch gern einen höhe-
ren Zimmerpreis in Kauf, zumal wenn er eine der prominen-
testen Sehenswürdigkeiten der bayerischen Landeshaupt-
stadt – die Frauenkirche – direkt vor der Tür hat.
Auf genau diese Klientel ist das Hotel „Louis“ in exponier-
ter Innenstadtlage ausgelegt. Keines der 72 Zimmer gleicht
in Größe und Einrichtung dem anderen. Die überwiegend
von den Architekten entworfenen Möbel und Accessoires
erzählen vom Reisen. So dienten die großen Überseekoffer,
mit denen die feine Gesellschaft Anfang des 19. Jahrhun-
derts reiste, den Architekten als Inspiration für die Kleider-
schränke. Wer schon einmal mit der Pariser Metro gefah-
ren ist, erkennt im Bad die wulstigen weißen Fliesen wie-
der, mit denen die Stationen ausgekleidet sind. Einhei-
mische Hölzer, Stoffe in hellen Farben und Naturstein aus
der Region geben dem Gast Geborgenheit.
Bereits beim Näherkommen, vom Viktualienmarkt aus,
weckt das Hotel mit seiner hellen Putzfassade Sympathien.
Riesige, als Putzrelief eingelassene Buchstaben, die von
oben nach unten gelesen das Wort Hotel ergeben, vermit-
teln dem Ankommenden schon von Weitem das sichere
Gefühl, hier richtig zu sein. Die neue Fassade will sowohl
einen Bezug zu den umgebenden Häusern herstellen als
auch den Wunsch nach einem zeitgemäßen Gebäude er-
füllen. Aus zwei am Platz bestimmenden Bautraditionen,
dem Barock und den Wiederaufbaujahren nach dem Krieg,
entwickelten die Architekten eine ganz eigene Fassade.
Die regelmäßige Anordnung der raumhohen Fenster mit
französischen Balkonen vermittelt eine moderne Anmu-
tung, während Stuckprofile um die Fensteröffnungen für
barocke Bewegtheit sorgen.
Die Architekten standen vor der Aufgabe, den Bestand
einer schmalen Parzelle in den Hotelbau zu integrieren.
Wie fast alle Großstädte hat auch München im Zentrum
das Problem einer kleinteiligen Parzellierung. Nur wenn ein
Bauherr im Besitz mehrerer Grundstücke ist, lässt sich ein
so großes Bauvorhaben wie das Hotel Louis realisieren.
Deshalb bildet den Eingang eine offen zugängliche
Verbindung durch das Blockinnere hinüber zum Rinder-
markt, wo sie direkt in das Foyer eines bestehenden Ärzte-
hauses mündet. Die kleine Passage erinnert ein wenig an
eine versteckte Gasse in Venedig und verleiht dem Block-
inneren viel Atmosphäre.
Bleibt zum Schluss noch zu klären, wer eigentlich Louis ist.
Den Aussagen der Betreiber Kull und Weinzierl zufolge ist
Louis ein Weltreisender. Er legt großen Wert auf liebevolle
Details und hochwertige Materialien. Er liebt schöne Ho-
tels und fühlt sich in ihnen zu Hause. Mit einem Augen-
zwinkern erinnert der Name Louis an den bayerischen
Märchenkönig Ludwig. Der von ihm so überzeugend ge-
pflegte Schöngeist soll im Hotel Louis fortleben.
Die großen Hotelketten mögen zwar mit niedrigen Zimmerpreisen locken, sie bieten
aber meist nur Standards und sind oft nur mit dem Auto zu erreichen. Wem die Ano-
nymität dieser Häuser nicht gefällt, dem bieten sich inzwischen genug Alternativen
in den Zentren der Städte. Mit dem Hotel Louis in der Münchner Altstadt haben die
Architekten Hild und K einen feinen Ort für anspruchsvolle Gäste geschaffen.
HOTEL IN MÜNCHEN
08