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Wer sich der Entwicklung von

Weltraumfahrzeugen,

Spaceshuttles und Kompaktsatelliten widmet, muss sich

sicher oft fern der Erde fühlen. Diesen Gedanken nahmen

die Architekten Kister Scheithauer Gross zum Anlass, das

von ihnen entworfene Laborgebäude am Institut für

Raumfahrtsysteme in Bremen selbst zu einer Raumstation

werden zu lassen – zumindest was die Hülle betrifft. Die

Fassade des zweigeschossigen Erweiterungsbaus gleicht

dem Hitzeschutzschild eines Spaceshuttles. Um diesen

Eindruck so realistisch wie möglich wiederzugeben, wur-

den spezielle Keramikkacheln entwickelt, die Hitzespuren,

Verschleiß und wechselnde Nummerierungen aufweisen.

Obwohl mit dem Bestand über eine Brücke verbunden,

stellt sich die kompakte Kubatur (auf quadratischem

Grundriss) als eigenständiges Gebäude dar. Die besondere

Herausforderung bestand darin, die unterschiedlichen

Nutzungen in einem gemeinsamen Haus zu bündeln, was

sich bei hochspezialisierten Laboreinrichtungen mit Rein-

raumtechnik auf der einen Seite und hoher Staubbelas-

tung im Explorationslabor sowie ausreichendem Explo-

sionsschutz im Kryolabor auf der anderen Seite als nicht

ganz einfach erwies. Den Architekten gelang dieser Spa-

gat, indem sie das Haus-im-Haus-Prinzip anwandten.

Gleichzeitig wurden sie damit auch der Forderung gerecht,

das Gebäude für Besuchergruppen zu öffnen. Mit der

Integration des öffentlichen Besucherflures im Oberge-

schoss ist es den Gästen möglich, in die zweigeschossi-

gen Laborbereiche zu blicken, ohne dass die Sicherheits-

standards vernachlässigt werden. Eine kleine Ausstellung

über die Aufgaben des Deutschen Zentrums für Luft- und

Raumfahrt (DLR) ergänzt den informativen Rundgang.

Um schon den ankommenden Besuchern das Gefühl zu

vermitteln, ein „Raumfahrzeug“ zu besteigen, wurde der

Sockelbereich mit einem umlaufenden, leicht zurücksprin-

genden blauen Lichtband versehen, das im Außenraum

einen schwebenden Eindruck erzeugt. Die scharenförmig

angeordneten Keramikkacheln, die nach einem speziell

gestalteten Verlegesystem auf die Unterkonstruktion ge-

klebt wurden, ziehen sich wie ein Band um die gesamte

Fassade. Nur wenige notwendige Fenster- und Türöffnun-

gen, der repräsentative Eingang mit dem großen Schau-

fenster sowie die als geschlossene Schiebeelemente inte-

grierten Tore der drei Laboreinheiten unterbrechen ganz

gezielt die anthrazitfarben schimmernde Haut.

Fast zwei Jahre haben die Architekten zusammen mit dem

Hersteller an den Keramikkacheln im Format 20 x 20 Zen-

timeter gearbeitet, bis sie schließlich mit dem Ergebnis

zufrieden waren. Die unterschiedlichen Oberflächen ent-

standen durch mineralische Tonschlämme, die auf die

Rohlinge aufgesprüht wurden. Diese versintern beim

Brennvorgang und verleihen den ehemals roten Scherben

ihre matte Färbung. Insgesamt wurden 38.000 Kacheln in

acht Farbvarianten hergestellt und vollflächig im Klebebett

auf ein Wärmeverbundsystem aufgebracht, das wiederum

auf den tragenden Umfassungsmauern aus Kalksandstein

befestigt ist.

Am Rande des Hochschulcampus der Universität Bremen wurde eines der For-

schungsgebäude des Zentrums für Luft- und Raumfahrt um einen zweigeschossigen

Anbau erweitert. Die Kölner Architekten Kister Scheithauer Gross entwarfen für die

drei hochspezialisierten Laborbereiche eine ungewöhnliche Hülle, die dem Hitze-

schutzschild eines Spaceshuttles nachempfunden ist.

LABORGEBÄUDE IN BREMEN

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