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Der neue Lehrter Bahnhof entsteht an historischer Stelle:

Sein Vorgänger, einer von sechs Kopfbahnhöfen Berlins,

galt jahrzehntelang als Tor zur deutschen Hauptstadt. Das

1871 errichtete Gebäude wurde 1959 gesprengt, da es durch

Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg und der Teilung

Deutschlands an Bedeutung verloren hatte. Heute ist der

Ort, wenngleich wieder ins Zentrum der Stadt gerückt, eine

industriell geprägte Steppenlandschaft. Doch das soll sich

ändern: Die Architekten gmp aus Hamburg, von denen der

Entwurf stammt, sehen den neuen Lehrter Bahnhof als

Schnittstelle im zusammenwachsenden Europa und als

Katalysator für die weitere Stadtentwicklung.

Shopping-Mall mit Gleisanschluss

Mit ihrem Entwurf betonen gmp in erster Linie den

Charakter des Bahnhofs als Kreuzung. Eine 321 Meter

lange gläserne Halle für die in Ost-West-Richtung verlau-

fende Stadtbahn wird gekreuzt von einer 160 Meter langen

und 40 Meter breiten, in Nord-Süd-Richtung führenden,

unteren Bahnhofshalle. Zusätzlich wird sie von zwei 46

Meter hohen, bügelartigen Bürobauten überspannt. Fünf

verschiedene Ebenen entstehen: In 15 Metern Tiefe ver-

läuft die Nord-Süd-Verbindung unter der Spree entlang.

Vier Bahnsteige für Fern- und Regionalverkehr sowie zwei

Gleise für die U-Bahn U 55 sind dort untergebracht. Über

den Fernbahngleisen, in 7,5 Meter Tiefe, befinden sich

Gastronomie, Service-Einrichtungen und ein

Parkhauszugang.

Auf Straßenniveau liegt die Bahnhofshalle mit Übergang zu

Bus, Taxi und Straßenbahn. Darüber bietet ein Zwischen-

geschoss Platz für zwei Shoppinggalerien (über drei

Ebenen) und Gastronomie. Durch die 27 Meter hohe

Bahnhofshalle verlaufen in zehn Meter Höhe die vier

Stadtbahnbrücken von Ost nach West. Begonnen wurde der

Neubau 1995 mit dem Bau des Tiergartentunnels, weshalb

das Flussbett der Spree für zwei Jahre (1996–1998) verlegt

werden musste. Belüftet wird der Tunnel über einen 2004

fertig gestellten, 60 Meter hohen Turm. Allerdings haben

Wassereinbrüche im Tunnel den Zeitplan um mehr als ein

Jahr verschoben. 2001 wurde mit dem Bau der Brücken für

die neue Stadtbahntrasse begonnen, im darauf folgenden

Jahr mit dem Glasdach über der Bahnhofshalle, welches

bereits ein Jahr später fertig gestellt war. Zurzeit werden

die Ende 2004 begonnenen „Bügelbauten“ errichtet.

Der hohe Qualitätsmaßstab an das Bauwerk, der schon

heute in der sorgfältig detaillierten Bahnsteigüberdachung

erkennbar wird, setzt sich bis hin zu den Brandschutz-

abschlüssen fort. Hörmann erhielt aufgrund der geforderten

Qualität und der Produktbreite den Auftrag für Rohrrahmen-

elemente T30/T90, Festverglasungen sowie für Stahl-

Feuerschutztüren T30/T90 und Feuerschutz-Schiebetore.

Abweichungen vom Entwurf

Anders als im Entwurf der Architekten vorgesehen, wurde

das ursprünglich 430 Meter lang geplante Ost-West-

Glasdach nur 321 Meter lang ausgeführt. Die Decke der 15

Meter unter der Erde liegenden Nord-Süd-Halle wurde nicht

wie von gmp geplant als Gewölbekonstruktion mit unter-

schiedlicher Höhe, sondern nur als Flachdecke aus grauen

Akustikplatten realisiert. Ob die fehlenden Kuppeln ein

großer Verlust sind, wird man nun auch nach der Eröffnung

nicht mehr nachvollziehen können.

Berliner Hauptbahnhof – Lehrter Bahnhof

Einst war Berlin bekannt für sein dichtes Gleisnetz, das jedoch durch den

Zweiten Weltkrieg und die Teilung Deutschlands stark gelitten hat. Berlins

hohes Verkehrsaufkommen forderte ein neues Bahnkonzept. Ab 2006 verbindet

der Berliner Hauptbahnhof – Lehrter Bahnhof die Nord-Süd-Verbindung mit der

von Ost nach West verlaufenden Stadtbahn. Der dann größte Kreuzungsbahnhof

des Kontinents bildet eine Schnittstelle im zusammenwachsenden Europa.