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Die Hansestadt Lübeck ist nicht nur Tor zur Ostsee und

Weltkulturerbe der UNESCO, nicht nur Heimat von Thomas

Mann und Schauplatz seines Romans „Buddenbrooks“ und

auch nicht nur Geburtsstätte des leckeren Lübecker Marzi-

pans und des veredelten Bordeaux-Weins „Rotspon“. Die

flächenmäßig größte Stadt in Schleswig-Holstein hat sich

darüber hinaus auch zum führenden Standort für Medizin-

technik und Medizininformatik entwickelt. Kein Wunder

also, dass auch das international agierende Unternehmen

Dräger hier seinen Stammsitz hat – seit Kurzem sogar in

einem repräsentativen Neubau oberhalb der Trave, in Sicht-

weite zur historischen Altstadt.

Bereits im Frühjahr 2005 konnte sich das Münchner Büro

Goetz Hootz Castorph Architekten in einem mehrstufigen

Planungsworkshop gegen andere renommierte Architek-

turbüros durchsetzen. Sein Entwurf entwickelt das von

Skidmore, Owings und Merrill als weltweiter Standard eta-

blierte Pavillonsystem weiter, das sich insbesondere durch

seine hohe Flexibilität bewährte. Anders als bei Egon

Eiermanns IBM Hauptverwaltung in Stuttgart, dem vermut-

lich bekanntesten Beispiel dieses Bautypus, verschmelzen

im für Dräger errichteten Neubau die einzelnen Pavillons

zu einer netzartigen, von Höfen gegliederten Großstruktur.

Dem Geländelauf folgend, schmiegt sich der terrassierte

Neubau sanft an den zur Trave leicht abfallenden Hang.

Gliedernde Fassadenbänder folgen den Geschossdecken

und zeichnen die Höhenentwicklung nach außen ab: Unter

dem schrägen Dachverlauf entstehen auffallend hohe

Räume, die die oberen Ebenen miteinander verbinden.

Überhaupt schaffen die drei- bis fünfgeschossigen, mehr-

fach abgestuften Gebäudeteile durch ineinandergreifende

Flächen im Inneren eine räumlich-konzeptionelle Ver-

knüpfung der einzelnen Unternehmensbereiche. Dieser

kommunikative Aspekt wird durch das großzügige, glasü-

berdachte Atrium noch gesteigert: Hier kreuzen sich nicht

nur die Wege, auch die Sichtachsen zwischen den zum

Atrium orientierten Büroräumen. Das Schmuckstück bildet

eine geschwungene, skulptural anmutende Treppe, über

die die umlaufenden Galeriegänge erreicht werden kön-

nen. Insgesamt gibt es acht Treppenhäuser mit dazugehöri-

gen Fahrstuhlanlagen, die die verschiedenen Ebenen mit-

einander verbinden.

Die Großraumbüros beeindrucken durch ihre ungewöhn-

lichen Maße: Ohne jegliche Unterteilungen können sie bis

zu 120 Meter lang sein und erfüllen damit den Wunsch

nach größtmöglicher Flexibilität der betrieblichen Organi-

sation. Trotz der beachtlichen Größen ist es in den Büros

erstaunlich leise. Die Sofa-Ecken in den Großraumbüros

sind zusätzlich schallisoliert, damit sie auch für Besprech-

ungen genutzt werden können.

Die Nähe zur Ostsee und die damit einhergehenden Stark-

winde hatten erheblichen Einfluss auf die Fassadenplanung

des Forschungs- und Verwaltungsgebäudes. Entwickelt

wurde ein nachhaltiges Haustechnikkonzept, das natürliche

Belichtung und Lüftung unter Verzicht auf einen außen lie-

genden Sonnenschutz ermöglicht. Die Verbindung von gläser-

nem Neubau und traditionellem Erscheinungsbild der Stadt

Lübeck wird über die Außenanlagen hergestellt: Baumgrup-

pen, Wasserflächen und Findlinge sowie die mit Backsteinen

gepflasterten Höfe und Gartenwege nehmen Bezug auf typi-

sche regionale Landschafts- und Stadtelemente. Moderne

und Tradition sind bei diesem Neubau kein Widerspruch.

Verwaltungs- und Forschungsgebäude in Lübeck

Im Norden Deutschlands ist seit jeher Backstein das typische Baumaterial – doch

dass es auch anders geht, zeigt das Münchner Büro Goetz Hootz Castorph Architekten.

Dominiert von Glas und weißen Wänden, sind es gerade die klaren Formen und die

Transparenz, die den von der Commerz Real für Dräger errichteten Neubau zu einem

Blickfang im alten Industrieareal an der Trave machen.

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