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Aufmerksamkeit den ihn umgebenden Raum und alle Details

wahr. Ausschlaggebend für die Atmosphäre in einem Kran-

kenhaus oder Bettenzimmer sind „weiche“ Faktoren: Emotion,

Dimension, Blickbezüge und Orientierung, Farbe, Material und

Licht. Patientengerechte Architektur kann damit zu einem

Imagefaktor für das betreffende Krankenhaus werden.

Der Architekt im Gesundheitswesen ist Generalist. Er muss

in allen Leistungsphasen ganzheitlich planen und alle gestal-

terischen, funktionalen und wirtschaftlichen Einzelaspekte

zu einer Gesamtlösung führen. Bereits im frühen Entwurfs-

stadium ist eine interdisziplinäre Vorgehensweise unabding-

bar. Der Planer ist zugleich Kommunikator, Moderator und

Vermittler, vor allem für die Patienten und die Nutzer, sprich

Ärzte und Pflegekräfte sowie für den Träger der Einrichtung,

die Behörden und weiteren Beteiligten. Diese Aufgabe er-

fordert Mut und Gespür, auch einmal eingefahrene Verhal-

tensmuster, Verordnungen und Normen infrage zu stellen, um

sich damit rechtzeitig gesellschaftlichen Veränderungen

anpassen zu können. Um die hohen Ansprüche an die Haus-

und Medizintechnik zu erfüllen, ist die rechtzeitige Einbin-

dung der Fachingenieure eine wichtige Voraussetzung,

damit das Entwurfskonzept von Anfang an auf die techni-

schen Erfordernisse abgestimmt werden kann. Auf diese

Gewerke entfällt der Hauptanteil der Baukosten. Heute be-

tragen die Hochbaukosten oft schon weniger als 50 Prozent

der Gesamtbausumme.

Neubauvorhaben sind heute eher selten geworden. Etwa

KRANKENHAUSBAU –

IST DAS ÜBERHAUPT EINE AUFGABE FÜR ARCHITEKTEN?

Im Spezialgebiet Gesundheitswesen kann ein Architekt nur

dann erfolgreich sein, wenn er über den Tellerrand schaut

und Einflüsse, Strömungen und Erkenntnisse aus anderen

Aufgaben in den Krankenhausbau einfließen lässt. Fest steht,

es ist eine herausfordernde und spannende Aufgabe – und

eine unterschätzte zugleich. Öffentliche Anerkennung und

Aufmerksamkeit sind mit diesen Bauwerken nur schwer zu

erzielen. Dafür eignen sich Museumsbauten, Einkaufszen-

tren, Flughäfen oder Bahnhöfe viel besser. Aber warum ist

das so? Liegt es möglicherweise an der immer noch existie-

renden Tabuisierung von Krankheit, Alter und Tod?

Das gängige Vorurteil ist: Ein Krankenhaus muss in erster

Linie funktional sein, die Ausführung ist an einem engen

Kostenrahmen gebunden. Das aber ist nicht alleiniger Inhalt

der Planungsaufgabe, denn die Gestaltung von Gebäuden

und Räumen für kranke Menschen erfordert neben den bau-

lichen, betrieblichen und wirtschaftlichen Abläufen vor allem

Kenntnisse in Psychologie und Soziologie. Patienten befin-

den sich körperlich und seelisch in einen Ausnahmezustand.

Sie fühlen sich häufig der Situation und der Umgebung aus-

geliefert. Architektur kann hier Angst steigern oder Angst

mildern. Ein ganz wichtiges Ziel ist es, Orientierung, Klarheit

und Sicherheit zu vermitteln und im besten Fall damit sogar

Heilungsprozesse zu fördern. Ein Planer muss sich in die

Situation des Patienten hineinversetzen können und dessen

Wahrnehmung zu seiner Entwurfsgrundlage machen. Ein

Kranker ist meist nicht beschäftigt, er nimmt mit erhöhter

Architekten möchten sich mit ihren Entwürfen gern selbst verwirklichen. Da scheint

die Sanierung alter Bestandsgemäuer mit langen, grauen Linoleumfluren, greller

Beleuchtung und dem Geruch nach Desinfektionsmitteln nicht so recht ins Bild zu

passen. Ist Krankenhausbau also eher eine Aufgabe für Betriebsplaner, die Arbeits-

abläufe untersuchen, optimieren und auf ein räumliches Gefüge übertragen? Das

Gegenteil ist der Fall.

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