Background Image
Previous Page  7 / 36 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7 / 36 Next Page
Page Background

7

schiedliche Aufgaben: Trennte die Haustüre den Außenraum

vom halböffentlichen Treppenhaus,; diente die Wohnungs-

eingangstüre als Ventil zum privaten Innenraum. Konse-

quenterweise konnte die Außentüre Glasausschnitte haben,

während diese bei der Wohnungstür eher unüblich waren.

Abgesperrt und weggesteckt: Türen von 1979 bis heute

In den letzten 20 Jahren bis zur Jahrhundertwende entstan-

den rund 20 Prozent der heute in Deutschland genutzten

Wohnungen. Die Baukonjunktur erlebte zum Teil sehr ruhige

Zeiten, eine Sättigung schien erreicht. Dafür hielt die Kom-

munikationstechnik vehement Einzug ins Bauwesen. Wäh-

rend Territorialgrenzen ihre Bedeutung verloren und Entfer-

nungen zunehmend schrumpften, wurde das Zuhause umso

mehr zum Ort des Rückzuges. Elektronische Sicherheits- und

Türkommunikationssysteme ersetzten den zuvor üblichen

„Spion“ in der Tür.

Die verbreitetste Konstruktionsform ist heute die Sperrtür

3

.

Heute angebotene Haustüren zeichnen sich durch eine enor-

me stilistische Vielfalt aus, die dadurch begünstigt wird, dass

Sperrtüren durch Applikationen aller Art leicht zu individuali-

sieren sind – bis hin zur gestalterischen Beliebigkeit.

Hängen bei den Füllungstüren Konstruktion und Gestaltung

sichtbar miteinander zusammen, und wird die Konstruktion

bei den aufgedoppelten Türen durch farbig gefasste, aufge-

doppelte Profile gelegentlich noch angedeutet, so gibt es der-

gleichen Verkettungen bei den Sperrtüren gar nicht mehr. Die

Grundkonstruktion – sei sie aus Holz, in Mischkonstruktion mit

Stahleinlagen, wärmegedämmt oder gar mit Blecheinlagen

zur Schuss-Sicherung – wird beidseitig vollflächig mit Platten

abgedeckt. Wer die Türe ansieht, weiß nicht, was sich hinter

der sichtbaren Fläche verbirgt. Für den Laien lässt sich der

Wert einer Tür damit kaum noch erfassen. Viel Beratungs-

aufwand ist erforderlich, um einem Bauherrn die „Intelligenz“,

die in einer modernen Haustür steckt, zu vermitteln.

Türe für Energie und Sozialkontakte

Die Umwelt- und Energiediskussion erbrachte tragfähige

Lösungen für den Hausbau. Niedrigenergie- und selbst

Passivhäuser haben sich von „Exoten“ zum Stand der Technik

entwickelt. In Bürohäusern lässt sich mit Doppelfassaden so

mancher Einsatz der Klimaanlage vermeiden. Die Grundüber-

legung der Doppelfassade bietet einen Impuls für neue

Haustüren und deren Einbindung in den Grundriss. Bei die-

sem Fassadentyp hat die äußere Fassadenschicht die

Aufgabe, Wettereinflüsse wie Regen und Winddruck abzulei-

ten. Die innere Fassade ist für die Wärmedämmung zuständig.

Ebenso kann eine Doppeltüre – zwei Türen hintereinander

wie beim Windfang – als Schleuse wirken und die Dichtigkeit

der Gebäudehülle erhöhen. Das äußere Element schützt in

diesem Fall vor Witterungseinflüssen und puffert extreme

Temperaturunterschiede ab, das innere sorgt für Wärme-

dämmung und Einbruchverhütung. Der Zwischenraum lässt

sich als Abstellfläche für Pakete, Spielsachen und Kinder-

wagen nutzen. In früheren Zeiten waren viele Haustüren

unabgeschlossen, der Milchmann oder der Bäcker stellten

die Waren einfach kurz ins Haus. Doppeltüren könnten derlei

Gebräuchen zu einer Renaissance verhelfen – von der

Energieeinsparung, die sie bringen, einmal ganz abgesehen.

Eine Haustür, so haben wir es im 20. Jahrhundert gelernt, ist

ein fertig gestaltetes und entwickeltes Produkt. Doch was

geschieht, wenn der Nutzer selbst Einfluss auf die Gestaltung

seiner Haustür nimmt? „Vielfalt ist nicht gleich Beliebigkeit.

Und Vielfalt ist auch selten gleich der Untergang. [...] Vielfalt

[kann] das Gestaltungsprinzip schlechthin sein. Und wenn es

auch Corporate Designer kränkt, wenn andere außer ihm –

womöglich noch Dilettanten – Ideen für Kommunikations-

lösungen haben (z.B. das in Schönschrift gemalte Plakat, das

den Weg zur Cafeteria weist, ...) so wird es doch Zeit, diese

Potentiale a) zu erkennen, b) sie wertzuschätzen und c) sie

einzubeziehen.“

4

In der Praxis ist die selbst gestaltete Haustür längst Realität:

Selbst an neuen Türen hängen Kränzchen. Die Sternsinger

hinterlassen ihr C+M+B mit der Jahreszahl. Selbst gefertigte

Keramikschilder verkünden den Familiennamen. Diese

Eingriffe bezeugen die Lust der Bewohner auf das Setzen von

Zeichen: „Ich wohne hier“. Eine künftige Herausforderung für

Architekten und Hersteller könnte lauten, diesem Gestal-

tungswillen einen Rahmen zu bieten, Türen zu entwerfen und

herzustellen, die die Wandelbarkeit als Gestaltungsthema ein-

binden, statt selbst applizierte Ornamente vorzugeben, die in

wenigen Jahren bereits wieder veraltet sind.

3) Sperrtür: Tür mit glattem Türblatt für den Innenausbau. Sperrtüren haben

einen umlaufenden Konstruktionsrahmen aus Holz, Metall oder Kunststoff

sowie eine beidseitige Beplankung, z.B. aus Sperrholz, Kunststoff oder

Metall. Der Hohlraum wird je nach Verwendungszweck der Tür mit unter-

schiedlichen Materialien gefüllt.

4) Ralf Hebecker: Corporate Design des Teufels, in: „SimpleText“, FH Köln,

1999, S. 30