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schiedliche Aufgaben: Trennte die Haustüre den Außenraum
vom halböffentlichen Treppenhaus,; diente die Wohnungs-
eingangstüre als Ventil zum privaten Innenraum. Konse-
quenterweise konnte die Außentüre Glasausschnitte haben,
während diese bei der Wohnungstür eher unüblich waren.
Abgesperrt und weggesteckt: Türen von 1979 bis heute
In den letzten 20 Jahren bis zur Jahrhundertwende entstan-
den rund 20 Prozent der heute in Deutschland genutzten
Wohnungen. Die Baukonjunktur erlebte zum Teil sehr ruhige
Zeiten, eine Sättigung schien erreicht. Dafür hielt die Kom-
munikationstechnik vehement Einzug ins Bauwesen. Wäh-
rend Territorialgrenzen ihre Bedeutung verloren und Entfer-
nungen zunehmend schrumpften, wurde das Zuhause umso
mehr zum Ort des Rückzuges. Elektronische Sicherheits- und
Türkommunikationssysteme ersetzten den zuvor üblichen
„Spion“ in der Tür.
Die verbreitetste Konstruktionsform ist heute die Sperrtür
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.
Heute angebotene Haustüren zeichnen sich durch eine enor-
me stilistische Vielfalt aus, die dadurch begünstigt wird, dass
Sperrtüren durch Applikationen aller Art leicht zu individuali-
sieren sind – bis hin zur gestalterischen Beliebigkeit.
Hängen bei den Füllungstüren Konstruktion und Gestaltung
sichtbar miteinander zusammen, und wird die Konstruktion
bei den aufgedoppelten Türen durch farbig gefasste, aufge-
doppelte Profile gelegentlich noch angedeutet, so gibt es der-
gleichen Verkettungen bei den Sperrtüren gar nicht mehr. Die
Grundkonstruktion – sei sie aus Holz, in Mischkonstruktion mit
Stahleinlagen, wärmegedämmt oder gar mit Blecheinlagen
zur Schuss-Sicherung – wird beidseitig vollflächig mit Platten
abgedeckt. Wer die Türe ansieht, weiß nicht, was sich hinter
der sichtbaren Fläche verbirgt. Für den Laien lässt sich der
Wert einer Tür damit kaum noch erfassen. Viel Beratungs-
aufwand ist erforderlich, um einem Bauherrn die „Intelligenz“,
die in einer modernen Haustür steckt, zu vermitteln.
Türe für Energie und Sozialkontakte
Die Umwelt- und Energiediskussion erbrachte tragfähige
Lösungen für den Hausbau. Niedrigenergie- und selbst
Passivhäuser haben sich von „Exoten“ zum Stand der Technik
entwickelt. In Bürohäusern lässt sich mit Doppelfassaden so
mancher Einsatz der Klimaanlage vermeiden. Die Grundüber-
legung der Doppelfassade bietet einen Impuls für neue
Haustüren und deren Einbindung in den Grundriss. Bei die-
sem Fassadentyp hat die äußere Fassadenschicht die
Aufgabe, Wettereinflüsse wie Regen und Winddruck abzulei-
ten. Die innere Fassade ist für die Wärmedämmung zuständig.
Ebenso kann eine Doppeltüre – zwei Türen hintereinander
wie beim Windfang – als Schleuse wirken und die Dichtigkeit
der Gebäudehülle erhöhen. Das äußere Element schützt in
diesem Fall vor Witterungseinflüssen und puffert extreme
Temperaturunterschiede ab, das innere sorgt für Wärme-
dämmung und Einbruchverhütung. Der Zwischenraum lässt
sich als Abstellfläche für Pakete, Spielsachen und Kinder-
wagen nutzen. In früheren Zeiten waren viele Haustüren
unabgeschlossen, der Milchmann oder der Bäcker stellten
die Waren einfach kurz ins Haus. Doppeltüren könnten derlei
Gebräuchen zu einer Renaissance verhelfen – von der
Energieeinsparung, die sie bringen, einmal ganz abgesehen.
Eine Haustür, so haben wir es im 20. Jahrhundert gelernt, ist
ein fertig gestaltetes und entwickeltes Produkt. Doch was
geschieht, wenn der Nutzer selbst Einfluss auf die Gestaltung
seiner Haustür nimmt? „Vielfalt ist nicht gleich Beliebigkeit.
Und Vielfalt ist auch selten gleich der Untergang. [...] Vielfalt
[kann] das Gestaltungsprinzip schlechthin sein. Und wenn es
auch Corporate Designer kränkt, wenn andere außer ihm –
womöglich noch Dilettanten – Ideen für Kommunikations-
lösungen haben (z.B. das in Schönschrift gemalte Plakat, das
den Weg zur Cafeteria weist, ...) so wird es doch Zeit, diese
Potentiale a) zu erkennen, b) sie wertzuschätzen und c) sie
einzubeziehen.“
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In der Praxis ist die selbst gestaltete Haustür längst Realität:
Selbst an neuen Türen hängen Kränzchen. Die Sternsinger
hinterlassen ihr C+M+B mit der Jahreszahl. Selbst gefertigte
Keramikschilder verkünden den Familiennamen. Diese
Eingriffe bezeugen die Lust der Bewohner auf das Setzen von
Zeichen: „Ich wohne hier“. Eine künftige Herausforderung für
Architekten und Hersteller könnte lauten, diesem Gestal-
tungswillen einen Rahmen zu bieten, Türen zu entwerfen und
herzustellen, die die Wandelbarkeit als Gestaltungsthema ein-
binden, statt selbst applizierte Ornamente vorzugeben, die in
wenigen Jahren bereits wieder veraltet sind.
3) Sperrtür: Tür mit glattem Türblatt für den Innenausbau. Sperrtüren haben
einen umlaufenden Konstruktionsrahmen aus Holz, Metall oder Kunststoff
sowie eine beidseitige Beplankung, z.B. aus Sperrholz, Kunststoff oder
Metall. Der Hohlraum wird je nach Verwendungszweck der Tür mit unter-
schiedlichen Materialien gefüllt.
4) Ralf Hebecker: Corporate Design des Teufels, in: „SimpleText“, FH Köln,
1999, S. 30