Background Image
Previous Page  8 / 35 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8 / 35 Next Page
Page Background

8

Reihenfolge, wie Untersuchungen ergeben haben: erstens

die Freundlichkeit des Personals, zweitens die Essens-

qualität und drittens die Qualität der räumlichen Umgebung.

In gewisser Weise ist diese Reihenfolge nachvollziehbar.

Auch ich habe in Krankenhäusern schon Umgangsformen

erlebt, die ich mir in einem Hotel nicht gefallen lassen

würde. Andererseits zahlen Sie für ein Krankenbett (im

Mehrbettzimmer und noch ohne Behandlungskosten) leicht

400 Euro pro Nacht, während Sie bereits für 100 Euro ein

sehr akzeptables Hotelzimmer finden.

PORTAL:

Sehen Sie unser Gesundheitssystem auf dem Weg

zu einer Zwei- oder Mehrklassenmedizin?

LÜDER CLAUSDORFF:

Die Beobachtung ist sicher richtig.

Ob die Trennlinie zwischen den Einrichtungen allerdings

entlang der Grenze zwischen privat und gesetzlich

Versicherten verlaufen wird, lässt sich noch nicht vorhersa-

gen. Noch ist der Anteil gesetzlich Versicherter so hoch,

dass sich für ein normales Krankenhaus – ausgenommen

vielleicht Schönheitskliniken – die reine Konzentration auf

Privatpatienten nicht rechnet.

PORTAL:

Ein oft prognostizierter Trend ist die Umwidmung

der Krankenhäuser zu Vorsorge- und Wellnesszentren.

Können herkömmliche Krankenhäuser dies wirklich leisten,

oder sind hierfür nicht völlig neue Institutionen gefragt?

LÜDER CLAUSDORFF:

Ich sehe keinen wirklichen Trend zur

Umwidmung, da an Wellnesszentren schon im Bezug auf

ihre Lage völlig andere Anforderungen gestellt werden.

PORTAL IM GESPRÄCH

MIT PROF. LÜDER CLAUSDORFF

PORTAL:

Gesundheitsexperten zeichnen für die Zukunft das

Bild des „mündigen“ Patienten, der wie der Kunde im

Supermarkt zwischen Angeboten unterschiedlicher

Dienstleister wählt. Wie weit ist Deutschland auf dem Weg

zum „Gesundheitssupermarkt“ wirklich fortgeschritten?

LÜDER CLAUSDORFF:

Ich denke, dass wir jetzt schon über

einen recht differenzierten Gesundheitsmarkt verfügen. Das

liegt zum einen an den beiden Versicherungssystemen in

Deutschland, der gesetzlichen und der privaten Kranken-

versicherung. Schon jetzt hat ein großer Teil der Versicher-

ten Zusatzpolicen abgeschlossen, sei es für Chefarzt-

Behandlungen oder für die Unterbringung in Einzel- oder

Zweibettzimmern. Auch in der Vorsorge und Prävention wer-

den zunehmend Angebote für betuchte Patienten geschaf-

fen, zum Beispiel „Gesundheits-Checks“, die Unternehmen

für ihre Manager buchen. Ich halte das für einen Schritt in

die richtige Richtung, denn: Bisher haben wir in Deutschland

kein Gesundheits-, sondern ein Krankheitssystem, das nur

wenig Geld in die Prävention investiert.

PORTAL:

Zahlreiche ineffiziente Krankenhäuser sind bereits

von der Schließung bedroht. Welche Eigenschaften muss

ein Krankenhaus mitbringen, um heute wirtschaftlich ope-

rieren zu können?

LÜDER CLAUSDORFF:

Wie überall in der Wirtschaft geht es

auch hier um Kundenbindung. Da Patienten nur selten in

der Lage sind, medizinische Leistungen wirklich zu beurtei-

len, werden andere Kriterien wichtig – in folgender

Wohin steuert unser Gesundheitssystem – und mit ihm der Krankenhausbau?

Welche neuen Krankenhausmodelle sind angesichts schwindender Zuschüsse

denkbar? Lüder Clausdorff, Professor für Krankenhausbau an der Fachhochschule

Gießen/Friedberg, hat für PORTAL diese Fragen beantwortet. Sein Fazit: „Im

Krankenhausbau herrscht gegenwärtig ein riesiger Investitionsstau.“