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Der Neubau steht im wörtlichen Sinne auf der grünen

Wiese am südlichen Ortsrand von Münsingen. Der Man-

gel an städtebaulichen Bezügen bot uns die Chance, den

Entwurf maßgeblich auf die malerische Alblandschaft

auszurichten. Dahinter steht die Idee, die Landschaft als

wesentlichen Aspekt zur Förderung des Heilungsprozes-

ses zu nutzen.

PORTAL:

Das hört sich nicht gerade nach einem „klassi-

schen“ Krankenhausbau an.

GERHARD KEPPLER:

Nun, wir haben versucht, einen

Beitrag zur zeitgemäßen Krankenhausarchitektur zu leis-

ten, der das Krankenhaus nicht allein als Funktionsbau

versteht, sondern dem Menschen einen möglichst großen

individuellen Bereich zugesteht. Die „Maschine Kranken-

haus“, wie wir sie aus den 70er Jahren kennen, besteht

zwar nach wie vor, doch ist sie „human“ geworden. Funk-

tionalität kann eben nicht alles sein.

Das Ergebnis ist ein Gebäude, in dem die Anteile, je

nach Bereich, an funktionalen Zwängen und Gestaltung

variieren. Das spiegelt sich in einem Gestaltungsgefälle

innerhalb des Hauses wider, woraus, wie ich meine, eine

positive innere Spannung erwächst. Klare Räume und

Konturen strukturieren den Komplex, machen die Gebäu-

deteile und ihre Funktionen von außen erkennbar, erleich-

tern die Orientierung im Inneren und schaffen dadurch

Sicherheit im Nutzen des Gebäudes für Patienten, Per-

sonal und Besucher.

PORTAL IM GESPRÄCH

MIT GERHARD KEPPLER

PORTAL:

Herr Keppler, seit rund eineinhalb Jahren ist die

neue Albklinik Münsingen nun in Betrieb. Worin lagen für

Sie die Herausforderungen dieses Projekts?

GERHARD KEPPLER:

Der Bau eines Krankenhauses

bedeutet für jeden Planer eine Herausforderung. Denn

hier müssen äußerst strikte funktionale Anforderungen

an ein Gebäude mit einem gestalterischen Anliegen in

Einklang gebracht werden. Ziel ist es, dem zweckorien-

tierten Bau und der oft sterilen Stimmung früherer Bauten

eine behagliche, menschliche Atmosphäre zu verleihen.

Man kann sagen, dass unter dem Kosten- und Konkur-

renzdruck im Gesundheitswesen ein Wandel im Kranken-

hausbau eingesetzt hat. Für den Planer bedeutet das

unter anderem, den Betreiber der Klinik in der Werbung

um den Patienten durch geeignete Architektur zu unter-

stützen.

PORTAL:

Was Ihnen beim Klinikum in Münsingen durch-

aus gelungen ist!

GERHARD KEPPLER:

Ich denke ja. Für die Projektabwick-

lung haben sich drei in der Realisierung von Sozialbauten

erfahrene Architekturbüros zusammengefunden. Der

Planungsprozess war von Anfang an von einem offenen,

kollegialen Dialog geprägt, sodass die ursprünglich ge-

wählten Leistungsgrenzen im Planungsfortgang fließend

wurden. Das Ergebnis ist ein homogenes Ganzes, in dem

sich dennoch alle beteiligten Architekturbüros mit ihren

Stärken und Eigenheiten wiederfinden.

Die neue Albklinik Münsingen umfasst 105 Betten für die Bereiche Chirurgie, Innere

Medizin, Anästhesie und Geburtshilfe/Gynäkologie. Seit Dezember 2004 ist das

Gebäude nun fertig gestellt – und die Resonanz der Patienten und des Personals auf

ihr „Zuhause“ durchweg gut. Warum das so ist und welche Wechselwirkungen zwi-

schen Funktion, Gestalt und Heilungsprozess bestehen, erläutert im Folgenden der

Münsinger Architekt Gerhard Keppler. In knapp dreijähriger Bauzeit hat er in Zusam-

menarbeit mit Planfabrik SPS und Scholderer, Reutlingen, den Neubau realisiert.